Putziges Raubtier auf der Abschussliste

von Redaktion

VON DIRK WALTER

München – Mit 141 000 Mitgliedern ist der Landesfischereiverband größer als die CSU und hat nicht zu unterschätzenden Einfluss. Am heutigen Samstag ist in Oberschleißheim Mitglieder-Versammlung mit 200 Delegierten, die neben dem Ausbau der Wasserkraft – der Verband lehnt ein Kraftwerk an der bisher unverbauten Salzach strikt ab – ein großes Thema umtreibt: der Fischotter.

Die Schäden, die der Fischotter bei den 5000 Teichwirten vor allem in der Oberpfalz und Niederbayern anrichtet, würden unterschätzt, sagt Vereinschef Axel Bartelt. „Der hat das Image eines süßen Kuscheltiers, er schaut ja auch so putzig aus. Aber er ist auch ein Raubtier.“ Oft packe ihn ein regelrechter Blutrausch, er töte dann weit mehr Fische in den Teichen, als er überhaupt fressen könne. Bartelt hat zur Mitglieder-Versammlung einen Zehn-Punkte-Plan erarbeitet, der unserer Zeitung vorliegt. „Fischottermanagement“ lautet die Überschrift. Punkt eins und Hauptforderung ist die „sofortige Schaffung“ einer „neuen, rechtssicheren Verordnung zur Entnahme von Fischottern“. Entnahme, da will Bartelt gar nicht erst lange rumreden, heißt Tötung. Nachdem das Fangen mit Fallen ziemlich mühselig ist, werde es wohl auf Abschüsse hinauslaufen.

Tatsächlich wollte die bayerische Regierung dem Fischotter schon vor einem Jahr an den Kragen gehen. Noch schnell vor der Landtagswahl erarbeitete das Haus von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) eine Entnahme-Verordnung. Der streng geschützte Fischotter sollte ausnahmsweise entnommen werden – 32 Tiere in einem ersten Schritt.

Doch bevor es so weit kam, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Paragrafenwerk wieder einkassiert. Drei Umweltverbände hatten geklagt und am 30. November Recht bekommen. Die Verordnung, so ist zu hören, war etwas schlampig. So wurde in der Eile die obligatorische Verbände-Anhörung unterlassen. Auch wurde der Ist-Bestand an Fischottern nicht verbindlich erhoben. Mittlerweile gibt es zumindest dazu aber Neuigkeiten: Seit Ende 2023 liegt eine Untersuchung der Universität Graz vor, die die Verbreitung des Fischotters untersuchte. Ergebnis: Er ist von Österreich und Tschechien her eingewandert und nun in der Osthälfte Bayerns heimisch – in einem breiten Gebiet, das von Oberfranken über Oberpfalz und Niederbayern bis ins Berchtesgadener Land reicht. Auf 1500 Tiere insgesamt kamen die Experten.

Weil nach der Wahl Ressortzuständigkeiten wechselten und jetzt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger für die Jagd zuständig ist, war länger unklar, wer sich um eine neue Verordnung kümmern soll. Das Landwirtschaftsministerium fühlt sich nicht mehr verantwortlich – aber auch Aiwangers Haus lehnte ab. So blieb nur mehr das Umweltministerium übrig, das die neue Verordnung ausarbeiten soll. Ausgerechnet, denn das Ministerium fühlt sich mehr dem Schutz als dem Abschuss von Lebewesen verpflichtet. Dementsprechend langsam geht es voran. Der Entwurf entstehe „derzeit“, teilt das Ministerium von Thorsten Glauber (FW) auf Anfrage mit. Er werde danach „innerhalb der Staatsregierung abgestimmt“. Es solle „zügig“ gehen, ein Termin könne aber nicht genannt werden.

Der Zehn-Punkte-Plan von Fischer-Chef Bartelt enthält noch weitere Forderungen: So wollen die Fischer das Tier auch an Fließgewässern „entnehmen“. Schutzzäune rund um Fischteiche sollten zu 100 Prozent vom Freistaat finanziert werden, nicht nur zu 60 Prozent. Und einen kleinen Seitenhieb richtet Bartelt auch gegen die Staatsregierung: Die andauernden Differenzen zwischen Ministerien und Behörden, so heißt es in Punkt zehn, „sollten künftig aufgelöst werden“.

Artikel 1 von 11