„Auf ihr Helles können die Bayern stolz sein“

von Redaktion

INTERVIEW Uwe Ebbinghaus ist durch Deutschlands Brauereien gereist – und hat viel probiert

Uwe Ebbinghaus ist Redakteur der „FAZ“ – und gleichzeitig auch Bierexperte. Vor wenigen Tagen hat er ein Buch veröffentlicht, für das er in 100 großen und kleinen Brauereien unterwegs war und 200 Biere getestet hat. Zum Tag des Bieres gibt er Tipps für Experimentierfreudige und verrät, welches Bier er selbst am liebsten trinkt.

Herr Ebbinghaus, die Bayern fühlen sich schon allein aufgrund ihres Geburtsortes als Bier-Experten. Eine berechtigte Einstellung?

Das Helle ist schon eine große Erfolgsgeschichte. Mittlerweile gibt es ja fast keine Brauerei mehr, die neben dem Pils nicht auch ein Helles kreiert. Sogar in Hamburg – das ja auch eine starke Brautradition hat – produzieren Craft-Brauer Helles. Sie wissen, das wird am besten verkauft. Die Bayern können sich also etwas darauf einbilden, dass sie mit dem Hellen ein Bier erfunden haben, das hervorragend trinkbar ist. Ein Helles geht immer.

In Ihrem Buch wird Bier mit einem Schuss Aperol als Aperitif empfohlen – eine eigenwillige Kombination. Sollten wir mit Bier generell mehr wagen?

Unbedingt! Bayern ist das Bundesland, in dem das Reinheitsgebot am strengsten angewendet wird. Damit beraubt man sich vieler Experimente. Gerade in Belgien gibt es viele raffinierte Braukreationen. Da muss man ehrlich sagen: Da hält das deutsche Bier nicht mit.

Das Bamberger Rauchbier mit Schinkenaroma kommt für viele Biertrinker sehr experimentell daher. Drei Seidla braucht es angeblich, bis es einem schmeckt. Wie lange hat es bei Ihnen gedauert?

Ich habe es relativ spät kennengelernt – durch ein Bierbotschafter-Seminar, das von einem Bamberger gehalten wurde. Der hat mir unheimlich Lust auf Frankens Bierlandschaft gemacht. Letztlich war das auch der Ursprung der Idee, ein Buch über meine Exkursionen zu verfassen. Ich bin voller Bewunderung auf das Bier und die Brauerei Schlenkerla zugegangen und fand das Raucharoma von Anfang an interessant. Ich habe sogar ein Sechser-Tragerl mit nach Hause genommen, das mir auf dem Weg in den Keller runtergefallen ist. Beim Aufwischen hat sich so ein köstlicher Geruch entfaltet, den werde ich nie vergessen. Neuerdings gibt’s beim Schlenkerla zwei Varianten, die viel weniger rauchig sind.

Bier wird oft nebenbei konsumiert. Sie empfehlen es in Ihrem Buch bewusst zu Obstsalat mit Mango, Banane und Ananas.

Ich versuche nachzuweisen, dass Bier komplett unterschätzt wird und vor allem als Essensbegleiter ein enormes Potenzial hat. Ich bin mit Pils groß geworden. Zu Bratwurst, Pommes oder Chips hielten wir es für das Nonplusultra. Für mein Buch habe ich mit Hans Wächtler zusammengearbeitet, der sich mit Food-Pairing so gut wie kaum ein anderer auskennt. Wächtlers Mantra lautet: Pils passt nicht zu Salzigem. Damit hat er völlig Recht. Es geht unter und schmeckt solo am besten. Zu einem deftigen Essen sind Märzen, Export oder Bockbier grandios. Eine Berliner Weiße passt aufgrund des niedrigen Alkoholgehalts dagegen wunderbar zu Obstsalat. Die Ergänzung von Säure und leichter Fruchtigkeit ist ein Erlebnis.

Alkoholfreie Biere sind auf dem Vormarsch, die Absatzzahlen steigen. Wie erklären Sie sich das?

Sicher spielt das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein in unserer Gesellschaft eine Rolle. Zudem ist die Qualität der alkoholfreien Biere immer besser geworden. Ursprünglich dachte man, man müsste ein alkoholfreies Pils hinbekommen, das geschmacklich mit dem Original mithalten kann. Das ist bis heute aber niemandem gelungen. Die nächste Stufe waren alkoholfreie Weizenbiere. Der fehlende Alkohol machte sich durch die Süße nicht so stark bemerkbar. Dann ist noch eine Schippe draufgelegt worden: Alkoholfreie Pale Ales oder IPAs sind sehr hopfig und auch süß, die kann man teilweise mit einem richtigen Bier verwechseln. Man muss heute nicht mehr leiden, wenn man als Biertrinker zum Alkoholfreien greift.

Bleibt die Frage nach Ihrem Lieblingsbier?

Ein amerikanisches Bier ist für mich in meiner Entwicklung als Biertrinker das wichtigste: das Pale Ale von Sierra Nevada, ein ganz frühes Craft-Bier. Es hat eine sehr starke Hopfennote, ein markantes, köstliches Bier. Viele sagen, dass sie beim Trinken zum ersten Mal verstanden haben, was Bier alles kann. Der einzige Nachteil: Es ist in Deutschland schwer zu kriegen und wenn man es bekommt, kostet die 0,3-Flasche über drei Euro. Ansonsten trinke ich im Frühling sehr gerne Weizen, da gibt es in Bayern ganz hervorragende. Ein Herzensbier von mir ist auch das Orval – ein Trappistenbier aus Belgien. Im Großen und Ganzen decken die heimischen Getränkemärkte meine Vorlieben aber gut ab.

Interview: Sabine Schwinde

„Das Buch zum Bier“

von Uwe Ebbinghaus ist im Ars Vivendi Verlag erschienen, 256 Seiten, 22 Euro.

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