Garmisch-Partenkirchen – Nun steht sie wieder auf dem Felsvorsprung über den tosenden Fluten der Partnachklamm. Die mehr als 100 Jahre alte Madonna ist gestern an ihren Platz zurückgekehrt. Zuvor war die 50 Kilogramm schwere und 1,20 Meter große Bronzefigur aufwendig restauriert worden. Sie hatte unter der Nässe und Kälte gelitten und war zunehmend ergraut. Der Restaurator Josef Gillmeyer hat sie von Kalk und Grünspan befreit und sie mit einem speziellen Klarlack behandelt, der sie vor UV-Strahlen und Ablagerungen schützt. Nun glänzt die Madonna wieder.
Gillmeyer hatte mit einem normalen Restaurierungsauftrag gerechnet, als die Madonna in seiner Werkstatt eintraf. Doch als er den Beton wegstemmte, mit dem die Statue einst befestigt war, sprang plötzlich ein Deckel auf und gab eine Metallbox frei. Über 120 Jahre lang hatte sie im Hohlraum der Figur gelegen.
„Ich war richtig aufgeregt“, sagt Gillmeyer. Der Archivar Leonhard Herr stand neben ihm, als er die Kiste öffnete. Zum Vorschein kamen drei Gold-, neun Silbermünzen sowie zwei kupferfarbene Pfennige. Ein kompletter Satz von einem Pfennig bis 20 Reichsmark aus den Jahren zwischen 1866 und 1899, zum Teil prägefrisch, ein paar darunter waren etwas verschmutzt.
Gillmeyer fühlte sich, als hätte er einen Schatz gefunden. „Das war so etwas Besonderes.“ Und dann wurde es sogar noch spannender: Auf die Box war eine kleine Schatulle gelötet, darin verbarg sich ein handgeschriebenes Schriftstück. Es muss einst liebevoll und künstlerisch gestaltet gewesen sein, ein paar Zeichnungen lassen sich noch erahnen. Ein paar Wörter sind noch lesbar. Auf den meisten Blättern ist aber leider nur noch eine verschmierte Schicht aus Tinte, Wasser und Kalk zu sehen. Die Messingbox, in der das Hefterl mit den 14 Seiten gelagert war, bekam irgendwann einen Riss. Es lief Wasser hinein und hinterließ einen riesigen Schaden. Das Büchlein könnte Aufschluss über die Geschichte der Madonna geben. Denn viel weiß man nicht von ihr. Weder ihr Alter, noch wer sie erschaffen hat.
Nun soll der gesamte Schatz restauriert werden. Die Münzen sind dafür bereits nach Regensburg gebracht worden. Für das Buch gibt es aber nur wenige forensische Gutachter. Einige von ihnen haben schon abgewunken. Mit ein paar Experten ist der Klammverantwortliche Rudolf Achtner in Kontakt.
Der Fund wirft ein neues Licht auf die Entstehungsgeschichte der Madonnen-Figur, die bisher auf die Zeit der Klamm-Erschließung um 1910 datiert wurde. Womöglich aber stammt die Gottesmutter aus der Zeit der Holzarbeiter, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen Steig durch die Klamm anlegten.
Nun wurde die Madonna mit einer ökumenischen Feier wieder an ihrem in den Fels geschlagenen Platz installiert. Ein evangelischer und ein katholischer Geistlicher leiteten die Zeremonie. Die Madonna ist nun wieder dort, wo sie seit Jahrzehnten von den jährlich rund 300 000 Klammbesuchern gesehen werden kann – allerdings ist sie jetzt schöner denn je.
Was mit dem Schatz in ihrem Inneren nach der Restaurierung passieren wird, ist noch nicht klar. Denkbar wäre, dass zumindest ein Teil wieder in der Madonna versteckt wird – zum Beispiel mit ein paar Euromünzen und einem aktuellen Zeitungsbericht.