Regensburg – Ein Polizist betritt den Laden, dann noch einer und noch einer. Bis acht vermummte Beamte am Mittwochnachmittag im Laden Hanf.com in der Regensburger Altstadt stehen. Die Frau an der Kasse soll die Hände hochnehmen. Diese Szene hat die Überwachungskamera im Laden aufgezeichnet.
„Acht Mann für 36 Quadratmeter und eine einzelne Mitarbeiterin? Das finde ich völlig überzogen“, sagt Inhaber Wenzel Cerveny. Der 62-Jährige ist Gründer des Online-Shops hanf.com, zu dem insgesamt zwölf Filialen in Bayern gehören. Darunter eine am Münchner Leuchtenbergring, im Tal und die 800 Quadratmeter große „Natur Erlebniswelt“ in Aschheim.
Cerveny will in Aschheim bald auch Hanf anbauen und einen Cannabis-Club eröffnen. Die Gemeinde plant, das „Hanf-Mekka“ durch den Bau eines Spielplatzes in unmittelbarer Nähe zu verhindern.
25 Razzien hat Cerveny in den vergangenen Jahren in seinen Läden gezählt. Seit 2017 ist er im Geschäft und bietet Hanfprodukte aller Art an – von Kleidung über Decken bis hin zu Ölen, Keksen und Tees mit dem nicht berauschenden Inhaltsstoff CBD. „So extrem war eine Razzia noch nie, obwohl doch die Legalisierung jetzt durch ist“, sagt er. „Das war als Einschüchterung geplant oder sogar als Angstmache.“
Vier Stunden habe die Polizei den Laden durchsucht. Und zwar mit einem veralteten Beschluss. „Der ist auf ein Datum vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes datiert“, sagt Cerveny, der deshalb an der Rechtmäßigkeit der Razzia zweifelt. „Waren im Einkaufswert von 5000 Euro sind beschlagnahmt worden und durch die Schließung des Ladens rund 1500 Euro an Umsatz verloren. Das ist für mich Schikane.“
Unerlaubtes Handeltreiben mit Cannabis nennt die Staatsanwaltschaft Regensburg als Grund für die Durchsuchung von Cervenys Laden. „Auf Basis alten Rechts war der Durchsuchungsbeschluss auf ,unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln‘ ausgestellt und wurde mit der Gesetzesänderung am 1. April abgeändert“, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher. „Durchgeführt hat die Durchsuchung ein Unterstützungskommando, das durch ganz Bayern fährt. Eine Kiste mit Kräutern und Kräutermischungen ist sichergestellt worden.“
Kripo und Landeskriminalamt überprüfen die Produkte auf ihren THC-Gehalt, teilt das Polizeipräsidium Oberpfalz mit. „Die Durchsuchung verlief routiniert. Klar, das Überwachungsvideo erinnert an einen Film, aber das Vorgehen ist normal“, sagt Sprecher Michael Zaschka. „Jeder Beamte gibt sich beim Betreten des Ladens als Polizei zu erkennen. Dass alles sehr schnell geht, ist Sinn der Sache. In der Rauschgift-Szene werden schnell mal Substanzen in die Toilette gekippt.“ In Extremfällen begleite die Polizei ein Richter oder Staatsanwalt. In dem Fall war ein Mitarbeiter der Stadt vor Ort. Das Ergebnis der Razzia steht noch aus.
Wenzel Cerveny ist sich aber seiner weißen Weste sicher. Amtliche Lebensmittelkontrolleure würden die Produkte regelmäßig prüfen. „Wir halten uns strikt ans Gesetz. Niemand, der mehrere Filialen betreibt, würde anders handeln“, sagt er. „Unsere Öle und Tees haben großteils einen CBD-Gehalt unter 0,2 Prozent. 0,3 sind erlaubt. Und Cannabis dürfen wir ohnehin noch nicht verkaufen.“