Peter Renoth aus Berchtesgaden. © Kilian Pfeiffer
Peter Renoths Reich befindet sich direkt unter dem Dach. Zwischen Ölgemälden, vergilbten Wälzern und prall gefüllten Regalen wacht der Mitarbeiter des Marktes Berchtesgaden über das Gemeindearchiv. Zwischen Sterbebüchern und alten Dokumenten verbirgt sich der eine oder andere Schatz.
Peter Renoth hat nicht viel Zeit. Nur an zwei Tagen, insgesamt sechs Stunden pro Woche, sitzt er im Archiv und geht der Arbeit eines Verwalters nach. Renoth war früher mal stellvertretender Forstamtsleiter, immer interessiert an der lokalen Politik und an Geschichte. Zeitweise war er zweiter Bürgermeister. Mittlerweile ist er im Ruhestand. Seitdem kümmert er sich um das Gemeindearchiv.
All das, was in der Vergangenheit auf Papier gebracht wurde und Berchtesgaden betrifft, ist hier unter dem Dach gelagert. Dokumente, Verträge, Niederschriften, Heiratsbücher, oft so alt, dass das Papier brüchig ist. Nachlassgerichte melden sich hin und wieder oder Privatpersonen, die in der Vergangenheit stöbern wollen. Für alle, die an der Ortsgeschichte interessiert sind, sind die 125 Quadratmeter ein wahres Entdeckerparadies. Hier kann man herausfinden, wer in den 1820er-Jahren den Totengräberdienst im Ort verrichtet hat. Auch das Verzeichnis der „Geisteskranken und Blödsinnigen” lässt sich einsehen. Über das schon lange nicht mehr existente Amtsgerichtsgefängnis finden sich die gesammelten Unterlagen. Leute mit Interesse können einen Blick in die Kochsalzverteilung des 19. Jahrhunderts werfen. Abseits vergangener Besonderheiten findet sich von diversen Schulhausbauten, auch Dinge zum Bau der Kanalisation, alles über die Straßen, die Feuerwehr, Gemeindeordnungen, Verträge, Pläne und Satzungen. Wichtiges, was irgendwann einmal auf-, niedergeschrieben und später archiviert wurde. Abertausende Schriftstücke.
In grauen Archivschachteln lagern die historischen Gemeindedokumente. Jede Schachtel ist mit Zahlen und Buchstaben versehen. „Das hat alles seine Ordnung”, sagt Peter Renoth. Es gibt einen Einheitsaktenplan für bayerische Gemeinden und Landratsämter. Zudem existiert ein digitales Findbuch, das die Suche erleichtern soll. Mit Hilfe des PCs weiß der Archivpfleger in kurzer Zeit, welche papierenen Schätze in den Schachteln schlummern.
Tage, Wochen, Monate könnte man hier zubringen und auf Spannendes stoßen, wenn man denn wollte. Aber Peter Renoth ist eben nur sechs Stunden da. Lediglich dann haben auch Bürger die Möglichkeit, ins Archiv einzutauchen. Was dem Archivar immer wieder auffällt: „Der Geldmangel der Kommunen zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und durch die Jahrhunderte.” Die Akten belegen das. Irgendwie sei das ja beruhigend. „Auch unsere Vorgänger haben mit denselben Schwierigkeiten gekämpft, mit denen die Kommunalvertreter von heute zu tun haben.” KILIAN PFEIFFER