Maro-Pleite: 2100 Mieter zittern weiter

von Redaktion

Nicht nur als Nachbarn, sondern als eine große Familie – so fühlen sich die Bewohner des Maro-Hauses in Karlsfeld im Kreis Dachau. Der Wohnkomplex umfasst 17 Wohnungen, von denen zwölf vom Landkreis gefördert werden. Es gibt keinen Hausmeister, die Bewohner teilen sich alle Arbeiten. © Norbert Habschied

Ohlstadt – 1,8 Millionen Euro. So viel Geld haben Menschen aus der Region der sozialen Wohnbaugenossenschaft Maro in einer Online-Petition als Unterstützung zugesagt. Eine stolze Summe. Allerdings hatte die insolvente Genossenschaft mit Sitz in Ohlstadt im Kreis Garmisch-Partenkirchen bis zum gestrigen Freitag auf fünf Millionen Euro gehofft.

Deswegen hat die Genossenschaft jetzt reagiert. Die Maro hat ihren Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zurückgezogen. Wegen des Zeitdrucks habe man sich für den Wechsel in ein klassisches Insolvenzverfahren entschieden, heißt es. Unter anderem steht dadurch nun der Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt von der Kanzlei Pluta als Insolvenzverwalter zur Seite. Wie gehabt werde mit Hochdruck am Insolvenzplan gearbeitet und mit den geldgebenden Banken verhandelt.

Viel steht auf dem Spiel. Die Genossenschaft hat 2100 Mitglieder, verteilt auf 300 Wohnungen in 13 Wohnprojekten. Unter anderem in Putzbrunn, Unter- und Oberhaching im Kreis München sowie in Karlsfeld im Kreis Dachau. Drei weitere Wohnprojekte in Wolfratshausen, Andechs und Wielenbach stehen kurz vor der Fertigstellung. Die jeweiligen Genossenschaftsanteile sind bereits vergeben. Sechs weitere Projekte sind in Planung.

Der Neubau in Andechs im Kreis Starnberg etwa – 31 Wohnungen in einem Mehrgenerationenhaus – hätte in den Sommerferien bezugsfertig sein sollen. Vor zwei Jahren hatten sich die Bewohner kennengelernt und seitdem jedes Detail geplant. Ob es mit dem Einzug je klappt, steht jetzt in den Sternen. Der Bau ruht seit März.

Damals hatten Banken der Maro wegen eines gravierenden Baufehlers die Finanzierungszusage für ein Projekt in Landsham im Kreis Ebersberg entzogen. Der Zwölf-Millionen-Kredit platzte – und dieses Millionenloch bedroht seitdem die ganze Genossenschaft. Besonders bitter: Sie besteht aus Senioren, Alleinerziehenden, Menschen mit Behinderung und Familien mit Kindern. Denn das ist das Konzept der Maro: Mehrere Generationen kümmern sich hier umeinander und für Menschen mit Behinderung oder Demenz gibt es betreute Wohngemeinschaften.

Sie alle sitzen nun auf Kohlen. Jeder Genosse hat sich anfangs eingekauft. Die Anteile sind das Kapital der Genossenschaft. Abhängig von der Größe der Wohnung werden Pflichtanteile fällig, als Kapitalanlage haben viele der Bewohner zudem freiwillige Anteile an der Genossenschaft erworben. All diese Einlagen stehen im Feuer. Damit werden im Ernstfall offene Rechnungen von Handwerkern und Kredite bereinigt.

„Wenn die Maro untergeht, gehen wir mit ihr unter“, sagt Rafia Cisse, Bewohnerin in Karlsfeld. Je nachdem wie groß die Wohnungen sind, ob sie gefördert oder frei finanziert werden, können beispielsweise die Verluste pro Bewohner in Karlsfeld bei 38 000 bis 82 000 Euro liegen. Eine Alleinerziehende im Haus ist verzweifelt: „Ich habe Multiple Sklerose. Die Maro ist meine Altersvorsorge. Wenn das hier vorbei ist, kann ich betteln gehen.“

Die Maro ist sich dessen bewusst: „Ziel ist, die Genossenschaft in überwiegenden Teilen zu erhalten. Die komplette Zerschlagung wäre das Schlimmste, das passieren könnte“, erklärt Sprecher Alexander Görbing. Dann könnte der Verkauf der einzelnen Bauten drohen. Weil trotzdem der Mieterschutz greift, würden die Bewohner zwar nicht gekündigt. Ihre Maro-Anteile wären aber verloren, die neue Miete könnte teurer sein oder womöglich müssten sie sich in eine neue Genossenschaft einkaufen. Aktuell verhandelt die Genossenschaft also mit den Banken und neuen Geldgebern um die Ablöse der gekündigten Darlehen. Von zwei Banken habe man positive Signale erhalten, teilte die Maro am Freitag mit.

Zuletzt machten sich mehrere Politiker für den Erhalt der Maro stark. Neben den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden appellierten auch die Landtagsabgeordneten Florian von Brunn (SPD) und Florian Streibl (FW) an den Freistaat, zu helfen. Das Bauministerium hält sich aber bedeckt. „Unterstützungsmaßnahmen, die zur Überbrückung finanzieller Schwierigkeiten dienen, können nicht angeboten werden“, teilt es auf Nachfrage mit. Das große Zittern für die Genossen geht also weiter.

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