Bayerns Kinder tragen häufiger Zahnspange

von Redaktion

Gegen schiefe Zähne hilft eine Zahnspange. Wie häufig Kinder beim Kieferorthopäden behandelt werden, hängt einer neuen Studie zufolge auch vom Bundesland ab. In Bayern liegt die Quote über dem Durchschnitt. Die Studienautoren sprechen teilweise von Übertherapie.

Ein Kieferorthopäde untersucht die Zähne eines jungen Mädchens. © IMAGO

München/Berlin – Der Anteil der Kinder mit einer kieferorthopädischen Behandlung ist in Deutschland je nach Bundesland zum Teil sehr unterschiedlich. Das geht aus einer Studie der Barmer-Krankenkasse hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Für den Zahnreport wurden Abrechnungsdaten von rund 53 000 Achtjährigen, die im Jahr 2005 geboren wurden, über zehn Jahre untersucht – von 2013 bis 2022. Den Ergebnissen zufolge wurden etwa in Bayern rund 60 Prozent der Kinder und Jugendlichen kieferorthopädisch behandelt, während es zum Beispiel in Bremen nur knapp 46 Prozent waren. Der deutschlandweite Mittelwert lag bei knapp 55 Prozent.

Der tatsächliche Behandlungsbedarf aber liegt bei Acht- bis Neunjährigen laut der Deutschen Mundgesundheitsstudie aus dem Jahr 2022 mit rund 40 Prozent darunter. Die im Schnitt höhere Inanspruchnahme der Barmer-Versicherten liegt laut Studienautor Michael Walter von der Technischen Universität Dresden in einem „erwartbaren Bereich“, da bei der Mundgesundheitsstudie von einer Untererfassung des Bedarfs ausgegangen werde – etwa weil für die Studie nur Acht- und Neunjährige untersucht wurden.

Die teilweise hohen Zahlen in einigen Regionen aber hätten überrascht. „Mit Kieferanomalien und Zahnfehlstellungen allein sind die teils gravierenden regionalen Unterschiede bei solchen Behandlungen nicht begründbar“, heißt es im Report. Den Studienautoren zufolge können die überdurchschnittlich hohen Werte in einigen Bundesländern auf eine mögliche Übertherapie hindeuten. Davon spricht man, wenn Behandlungen durchgeführt werden, die keinen erwiesenen oder erkennbaren Nutzen für Patienten haben.

Darüber hinaus gibt es der Studie zufolge Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Bei Mädchen bekamen in der Untersuchungsgruppe rund 60 Prozent eine Behandlung, bei den Buben 50 Prozent. In Bayern seien es bei Mädchen sogar 65 Prozent (Jungen: 53 Prozent), in Baden-Württemberg rund 63 Prozent (Jungen: 52 Prozent). „Schönheitsideale, Gruppendruck und elterliche Fürsorge sind mögliche Gründe dafür, dass Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Mädchen häufiger nachgefragt und behandelt werden als bei Jungen“, sagte der Barmer-Vorstandsvorsitzende Christoph Straub.

Grundsätzlich sollten Kinder im Alter von neun bis zehn Jahren einmal beim Kieferorthopäden gewesen sein, empfiehlt die Initiative Pro Dente. So lassen sich behandlungsbedürftige Fehlstellungen frühzeitig erkennen. Die Behandlung selbst beginnt in der Regel im Alter zwischen zehn und 13 Jahren. Wer die Kosten dafür trägt, hängt vom Schweregrad der Fehlstellung ab. Die Kosten für die Zahnspange trägt die gesetzliche Krankenversicherung nur bei den höchsten drei der fünf kieferorthopädischen Indikationsgruppen. Eine weitere Voraussetzung für die Kostenübernahmen ist, dass die Behandlung vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs stattfindet. Auch bei Fehlstellungen, die in den niedrigen Gruppen eingestuft werden, könne eine Behandlung aus medizinischer Sicht sinnvoll sein. Das müssen die Familien aber aus eigener Tasche zahlen. Die Verbraucherzentralen raten, beim Kieferorthopäden nachzufragen, ob Risiken bestehen, wenn keine Behandlung erfolgt. Bei privat versicherten Kindern hängt es vom Tarif ab, in welchem Umfang die Kosten für die Zahnspange übernommen werden.

In jedem Fall kommen auf die Eltern aber 20 Prozent der Behandlungskosten als Eigenanteil zu. Bei mehr als einem Kind reduziert sich das auf zehn Prozent. Diesen Eigenanteil können sich Eltern nach Abschluss der Behandlung von der Krankenkasse zurückerstatten lassen – falls der Nachwuchs die Therapie durchgezogen hat.

Außerdem trägt die Krankenkasse nur die Kosten für die einfachste Variante. Was darüber hinausgeht – wie Keramik- oder Minibrackets, eine Bracketversiegelung oder ein digitaler Gebissabdruck – müssen Familien selbst zahlen. Sollten sich Eltern für Extraleistungen entscheiden, sollten sie auf einen Behandlungsvertrag bestehen, in dem die Kosten aufgeschlüsselt sind, rät die Verbraucherzentrale.

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