DAS PORTRÄT

Die Helferinnen bei schwierigen Telefonaten

von Redaktion

Amelie Hörger, Lea Utz und Juliane Rummel (von links). © Zapp

Drei Münchnerinnen haben einen Podcast namens Telephobia. Lea Utz, Juliane Rummel und Amelie Hörger helfen anderen, einen lang aufgeschobenen Anruf zu tätigen. Sie begleiten das Gespräch – und veröffentlichen es danach in ihrem Podcast Telephobia.

Norman ist nervös, als er das grüne Hörer-Symbol auf seinem Handy drückt. Diesen Anruf hat er lange aufgeschoben. Er hat gerade die Nummer eines ehemaligen Mitschülers gewählt, der ihn vor mehr als zehn Jahren gemobbt hat. Norman möchte, dass er sich dafür entschuldigt. Doch er braucht Hilfe für das Gespräch. Also hat er sich an Lea Utz gewandt, die gemeinsam mit Juliane Rummel und Amelie Hörger den Podcast Telephobia aufnimmt. Ihr Ziel: Menschen bei schwierigen Anrufen unterstützen. In jeder Folge machen sie zusammen einen schwierigen Anruf und nehmen das auf. Norman bekommt bei diesem Gespräch die Entschuldigung, auf die er gehofft hatte. Er ist erleichtert.

Die Idee zum Konzept hatte Juliane Rummel 2022 bei einem Podcast-Workshop. Ihre Kollegin Lea Utz war sofort begeistert. Seit Kurzem ist auch Amelie Hörger Teil des Teams. Alle drei sind Journalistinnen beim BR, also Profis. Die 30-jährige Utz moderiert die Folgen und erklärt den Hintergrund. Fast immer kommt es am Ende dann zu dem hinausgezögerten Anruf. Die Fälle sind sehr unterschiedlich. Eine Frau will sich langer Funkstille zum Beispiel wieder Kontakt mit ihrer ehemals besten Freundin aufnehmen.

Bei der ersten Staffel haben sich die Podcasterinnen noch schwer getan, Protagonisten zu finden. „Wir haben die Menschen teilweise auf der Straße gesucht“, erzählt Utz. „Mittlerweile haben wir eine breite Hörerschaft, die mit ihren Geschichten auf uns zukommt.“ Im Schnitt sind die Protagonisten zwischen 25 und 35 Jahre alt, hauptsächlich Frauen. Für Utz geht es in einem ersten Treffen darum, den Mensch besser kennenzulernen. Danach stellt sie gemeinsam mit Rummel und Hörger den Kontakt zur anzurufenden Person her. Sobald der Empfänger des Anrufs eingewilligt hat, begleitet Utz das Telefonat. Teile davon sind dann in der Folge zu hören. Nicht alle Empfänger sind mit der Aufzeichnung des Telefonats einverstanden. Aus einer spannenden Geschichte wird also nicht zwangsläufig eine Podcast-Folge.

Bei ihrer Arbeit merkten die drei Podcasterinnen, dass das Telefonieren vor allem bei jungen Menschen immer unbeliebter wird. „Wir brauchen das Telefonieren mittlerweile einfach viel weniger im Alltag, seitdem es Mails und Textnachrichten gibt“, sagt Hörger. Dennoch habe das persönliche Gespräch viele Vorteile gegenüber Sprach- oder Textnachrichten. Doch auch zwei der drei Expertinnen telefonieren nicht gerne, wenn sie ehrlich sind. Nur Juliane Rummel mag es. „Es ist einfach der schnellste Kommunikationsweg. Ich finde nichts schlimmer, als am Telefon gesagt zu bekommen, dass ich doch lieber eine Mail schreiben soll“, erzählt sie. Ihr Tipp für alle, die vor einem unangenehmen Telefonat stehen: „Einfach machen. Meistens ist es viel weniger schlimm als gedacht. Am Ende des Tages sind es auch nur Menschen am anderen Ende der Leitung.“ Nicht ohne Grund enden alle Folgen mit dem Satz „Es ist eigentlich nur ein Anruf“. PAULINE ZAPP

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