Der Neubau des Pfahlbaumuseums ist fertiggestellt. Auf zwei Stockwerken werden die Exponate ausgestellt.
Ein Blick ins Innere des neuen Museums. Im Vordergrund ein sogenannter Einbaum.
Berühmt weit über den Bodensee hinaus: Die Pfahlbauten von Unteruhldingen-Mühlhofen, hier aus der Luft von einer Drohne aufgenommen, sind ein beliebtes Besuchsziel für Steinzeit-Fans. © Felix Kästle/dpa(3)
Uhldingen – Uhldingen zwischen Meersburg und Überlingen am Bodensee hat 8000 Einwohner, aber jährlich 300 000 Besucher. Sie alle gehen in das Pfahlbaumuseum, in 23 Häuser auf Stelzen, die Einblicke in 3000 Jahre Menschheitsgeschichte geben. Die Nachbauten sind über 100 Jahre alt. Nun ist das Freilichtmuseum gewachsen. Am Donnerstag eröffnete Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) den mehr als 14 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau. Acht Jahre lang wurde geplant, wie Museumsdirektor Gunter Schöbel erklärte. Der Neubau aus Holz ähnle einem umgedrehten prähistorischen Einbaum-Boot. Darin sei ein großes Besucherzentrum entstanden mit einer Multimediaschau, die die Arbeit von Unterwasserarchäologen zeige. „Wir mussten uns entwickeln, um mit der Zeit zu gehen.“ Auf rund 1000 Quadratmetern gebe es auch eine neue Ausstellungsfläche für die prähistorischen Funde.
Zu den Artefakten zählen auch zwei Steinzeitkaugummis. „Die schwarzen Klumpen aus Birkenteer, der Alleskleber der Steinzeit, werden gentechnisch analysiert.“ Die Masse sei gekaut worden, um sie weich zu machen. Die Speichelreste geben laut Schöbel durch genetische Tests Aufschluss darüber, welche Augen- und Haarfarbe die Menschen damals hatten und was sie gegessen haben.
Die Forschung sei weiterhin im Gange. Eine offene Frage sei etwa, wo die Toten der Pfahlbauten seien. „Da fehlen Tausende Gräber, von denen wir nicht wissen, wo sie sind.“ Über die Gräber könne man bessere Aussagen zum Zusammenleben, zu Krankheiten und den Hierarchien der Bewohner machen.
Pfahlbauten habe es in vielen Regionen gegeben. Der Museumsdirektor geht von etwa zwei Millionen Pfählen allein im Bodensee aus. Noch heute würden die Hölzer stichprobenartig erforscht, sagte er. Durch die Jahresringe werde das Alter des Holzes bestimmt. In der Wissenschaft werde immer noch darüber gestritten, warum sich die Menschen auf dem Wasser niedergelassen haben, erklärte Schöbel. Die eine Fraktion sage aus Sicherheitsgründen, um sich etwa vor Gefahren und Feinden an Land zu schützen. Die andere gehe davon aus, dass es um Teilhabe am Handel ging. „Man saß am Wasser und war über den See relativ schnell überall.“
Immer wieder Filmkulisse
Was aber feststehe: Solche Siedlungen zu errichten, sei durch die weiche Beschaffenheit des Bodens unter Wasser relativ einfach gewesen. Man habe nicht schuften müssen, wie an Land und erst ein Loch buddeln. „Durch das Eigengewicht lässt sich der Pfahl relativ einfach in den Seeboden einbringen, verbindet sie quer, macht Wände und ein Dach darauf – und fertig ist das Tiny-House aus der Steinzeit.“ Die Häuser seien wegen einer Klimakatastrophe 800 vor Christus verlassen worden.
Als Weltkulturerbe genießen die Pfahlbauten seit 2011 besonderen Schutz. Immer wieder sind sie Kulisse für Filme, schon 1926 entstand ein Stummfilm, zuletzt drehte hier ein Filmteam Teile der Apple-TV-Serie „Foundation“. Der Neubau sei durch Rücklagen aus Eintrittsgeldern und Krediten finanziert worden, die vom Pfahlbau-Verein gesammelt wurden. Zwei Millionen steuerte der Bund bei, 300000 Euro das Land. Daher kann der Eintrittspreis – acht bis zwölf Euro – in diesem Jahr stabil gehalten werden.