Der Gondel-Retter vom Ammersee

von Redaktion

Eine Gondel hat Weber zur Fotobox umfunktioniert.

Der älteste Schatz: Die Gondeln der Tafamuntbahn in Vorarlberg wurden 1946 gebaut.

Er transportiert die Gondeln mit dem Stapler. Hier die Grünberg-Gondel aus Gmunden.

Gondeln aus vielen Ländern hat Luis Weber nach Utting geholt. Aber er hat noch nicht genug. © Klaus Haag (4)

Utting – Luis Weber hat eine gigantische Zeitkapsel geschaffen. Wenn er das Tor zu seinem Lager in Utting am Ammersee öffnet, steht er zwischen dutzenden alten und sehr alten Berg-Gondeln. Sie stammen aus Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz und Bayern. Es sind viele bunte Stücke Vergangenheit, die er hier hortet wie einen Schatz. Es ist auch ein Schatz – materiell wie ideell. Und vor allem ist es eine ungewöhnliche Sammlung für einen 26-Jährigen.

„Ich bin zu spät geboren worden“, sagt Weber und lächelt dabei. Wenn er zwischen diesen alten Gondeln steht, wünscht er sich jedes Mal, er hätte sie erleben können. Hätte mit ihnen zu einem Berggipfel fahren und hemmungslos über die Technik staunen können. „Jede Gondel ist ein Stück Kulturgut“, sagt er. „Das muss man erhalten.“ Das älteste Kulturgut in seiner Sammlung ist eine Gondel aus dem Jahr 1946. 35 Personen konnten darin auf die Alpe Tafamunt in Vorarlberg fahren. Der Lack ist mittlerweile nur noch blassrot – und niemals würde Luis Weber das ändern. Eine Sünde wäre das, findet er. Er restauriert sie, poliert sie auf, aber die Patina will er unbedingt erhalten. Man soll den Gondeln ihr Alter ansehen, er will sie in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.

Er schließt die Tür der Gondel auf und tritt in den Innenraum. Ein paar Griffe zum Festhalten – mehr gibt es hier drin nicht. Damals war es Luxus genug, mit einer Seilbahn auf den Berg fahren zu können. Komfort brauchte es noch nicht. Wenn Weber in der alten Gondel steht, dann stellt er sich manchmal vor, wie die Menschen sich damals wohl vor dem großen Fenster drängten und die Aussicht bestaunten. „So viele tausend Menschen müssen damit gefahren sein“, sagt er. Da kann man auch acht Jahrzehnte später noch ein bisschen ehrfürchtig werden.

So groß seine Leidenschaft für Technik und alte Dinge ist, so groß ist sie auch für die Berge. Immer schon. Irgendwie musste es fast so kommen, dass daraus erst ein Hobby und dann eine Geschäftsidee wurde, glaubt er. Er war 17 Jahre alt, als er einen alten Sessellift kaufte. Hat ihn damals seine gesamten Ersparnisse gekostet. Ein Jahr später kaufte er seine ersten drei Gondeln. Damals war er kurz davor, eine kaufmännische Ausbildung zu beginnen. Doch für seine Gondeln hatte er eine Vision, an die er so sehr glaubte, dass er ein Start-up gründete. „Um meine Sammelleidenschaft zu finanzieren, habe ich die Nostalgie-Gondeln für besondere Anlässe vermietet.“ Die Nachfrage war da, der Plan ging auf – Weber konnte immer mehr Gondeln dazukaufen.

Was nicht so einfach ist, wie es klingt. Denn nicht nur er kann sich für alte Gondeln begeistern. Es gibt auch andere Sammler – und nicht wenige Menschen, die eine alte Berg-Gondel für ihren Garten möchten. Trotzdem ist es ihm gelungen, über 200 Gondeln von mehr als 100 verschiedenen Bahnen zu ergattern. Die jüngste stammt aus dem Jahr 2014. Wie viel er für sie bezahlt hat, möchte er für sich behalten. Aber er hat einen Weg gefunden, wie er seine Leidenschaft nicht nur finanzieren, sondern sogar davon leben kann.

Er vermietet die Gondeln für Messen oder an Kaufhäuser, die damit Schaufenster oder Verkaufsflächen gestalten. Oder an Restaurants, die sie im Winter für die Gäste auf der Terrasse aufbauen. Eine Gondel aus dem Ötztal ist zur Fotobox geworden, sie ist auf Weihnachts- oder Hochzeitsfeiern sehr gefragt. Von den Einnahmen kann Weber neue Schätze kaufen. „Mein Ziel ist es, die weltgrößte nostalgische Gondelsammlung aufzubauen“, sagt er. Er träumt nach wie vor gerne große Träume. Und er tut viel dafür, dass sie keine Träume bleiben. Das kann auch mal bedeuten, dass er lange recherchieren und suchen muss.

So wie zum Beispiel bei der alten Vierer-Gondel, Baujahr 1969. „Sie stand 20 Jahre lang in einem Schweizer Garten“, erzählt der 26-Jährige. Erst war sie ein Spielhaus für Kinder, dann haben die Besitzer Tomaten darin angepflanzt. Weber entdeckte die Gondel, es gelang ihm, sie ihnen abzukaufen. Jetzt steht sie frisch poliert in Utting und sieht so aus, als hätte ihr Ruhestand erst gestern begonnen.

Luis Weber hat den Kopf noch voller Ideen, wo seine Gondeln noch überall für Begeisterung sorgen könnten. Vor allem wünscht er sich, dass noch viele weitere dazukommen. „Ich werde nie genug haben“, sagt er und lacht. Besonders zwei Exemplare sucht er schon sehr lange für seine Sammlung, beide sind aus Bayern: Gondeln von der Brauneckbahn (Baujahr 1957) und von der Wallbergbahn (Baujahr 1951). Beide sind Raritäten, weil es nicht viele davon gab. Weber ist schon oft mit dem Auto durch die Region gefahren – in der Hoffnung, in einem Garten eine dieser alten Gondeln zu sehen. Bisher ohne Erfolg. Aufgeben wird er natürlich nicht. Wenn er in den letzten Jahren eines gelernt hat, dann, dass ein erfolgreicher Sammler viel Geduld braucht.

Die schönsten Momente sind für ihn die, in denen er nicht nur eine Nostalgie-Gondel kaufen kann, sondern dazu auch ein bisschen von ihrer Geschichte erfährt. Nicht die Jahreszahlen und technischen Daten – die hat er alle längst recherchiert und trägt sie in Excel-Tabellen ein. Eher die Geschichten, die Menschen mit diesen Gondeln verbinden. Einmal hat ihm eine Familie zum Beispiel erzählt, dass der Opa bei der Bergbahn gearbeitet hatte. Später war die Gondel eingebunden in die Hochzeit seiner Enkelin. Luis Weber hat damals viele Fragen gestellt und sich jedes Detail gemerkt. Diese Geschichten hält er genauso in Ehren wie seine Gondeln.

Kontakt

zu Luis Weber unter 01577/83 000 51 oder info@conceptgondel.com. Mehr Infos gibt es unter https://conceptgondel.com.

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