Neue Bahnstrecke für 5,5 Milliarden

von Redaktion

Die Bahn plant zwischen Augsburg und Ulm eine Neubaustrecke. Die Dimension ist ähnlich wie beim Brenner-Nordzulauf: gigantisch. Mindestens 5,5 Milliarden Euro werde die Strecke kosten – für eine Zeitersparnis von 15 Minuten, hieß es bei der Präsentation der Vorschlagstrasse.

Ein ICE rauscht auf der 170 Jahre alten Strecke Augsburg-Ulm an Diedorf vorbei. Künftig würde er auf der Neubaustrecke fahren, und das wesentlich schneller als derzeit möglich. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Augsburg – Orange, Türkis oder Violett – mit diesen Farben wurden in den vergangenen Jahren fünf verschiedene Trassenvorschläge in Bayrisch-Schwaben markiert und vor Ort diskutiert. Jetzt steht fest: Die neue Trasse ist leuchtend rot. Zwei neue Gleise sollen quer durch die Landschaft gezogen werden. Damit soll die Fahrzeit zwischen Augsburg und Ulm von über 40 auf dann im Schnitt 26 Minuten verkürzt werden, sagte Gerd Matschke, Leiter für DB-Großprojekte in Südbayern. Von München nach Stuttgart würde es dann 1:40 h dauern – statt heute zwei Stunden. ICE-Züge sollen mit 265 km/h durchrauschen, heute sind sie auf der kurvigen Bestandsstrecke bestenfalls mit 200 km/h, in einigen Abschnitten aber nur mit 120 km/h unterwegs.

Das ursprüngliche Ziel, sogar 300 km/h zu erreichen, war aufgrund der Topografie laut DB nicht machbar. Die Kosten sind allerdings erschreckend hoch: 5,5 Milliarden Euro zum Preisstand von 2022 – etwaige Risiken und die Inflation nicht eingerechnet. Projektleiter Markus Baumann machte bei der Vorstellung der Vorschlagstrasse in Augsburg auch keinen Hehl daraus, dass es am Schluss wesentlich mehr sein könnte. Er lasse sich aber nicht auf Jahreszahlen „festnageln“. Nur so viel: „Wir bauen in den 2030er-Jahren und werden auch in den 30er-Jahren in Betrieb gehen.“

Noch vor der Wahl 2025 ist der Bundestag gefragt

Voraussetzung ist allerdings, dass der Bundestag zustimmt und Gelder freigibt. Das Projekt ist, bis auf Detailplanungen, entscheidungsreif und wird im Bundestag demnächst eingereicht. Der Planungsstand ist damit identisch mit dem des Brenner-Nordzulaufs – also der im Rosenheimer Inntal bis heute umstrittenen, ebenfalls zweigleisigen Neubaustrecke bis Kiefersfelden. Auch für den Nordzulauf hat die Bahn eine Vorschlagstrasse erarbeitet, die dem Bundestag vorgelegt wird. DB-Planer Matschke sagte unserer Zeitung, er rechne damit, dass der Bundestag, sofern es nicht zu vorzeitigen Neuwahlen kommt, im Frühsommer 2025 über beide Projekte entscheiden werde. „Drücken Sie uns die Daumen.“

Im Vergleich zum Inntal ist die Neubaustrecke Augsburg–Ulm weniger umstritten, wenngleich es verschiedene lokale Bürgerinitiativen gibt. Knifflige Fragen, etwa die Querung mehrerer Trinkwasserschutzgebiete, hält die Bahn für weitgehend gelöst. Die Trasse beginnt im Norden Augsburgs und führt dann in Tunnels und Trögen – hier liegen die Gleise tiefer, sind aber nach oben offen –, parallel zur Autobahn A8 bis Burgau. Dort gibt es eine Verknüpfung mit der alten Bestandsstrecke, Züge können bei Bedarf Richtung Günzburg abzweigen. Danach führt die Trasse weiter, bis sie nahe dem Ort Unterfahlheim mit der Bestandsstrecke zusammengeführt wird.

Den Rest der Strecke bis Ulm liegen dann vier Gleise parallel nebeneinander. Planer Baumann sagte, es gebe „wenig Neu-Durchschneidung von unberührter Natur“. Denn Tunnel- und Trog-Anteil bezifferte er auf insgesamt 50 Prozent. Noch mehr gehe nicht. „Wir können nicht einfach einen Tunnel bauen von Ulm nach Augsburg – das wäre unfassbar teuer.“

Projekt weniger umstritten als die Inntal-Trasse

Auch von höherer Ebene kommt Unterstützung. Bundesverkehrsministerium (BMDV) und Eisenbahnbundesamt (EBA) signalisierten Einverständnis. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) lobte die Auswahl – vor allem westlich von Augsburg habe die Trasse „vor Ort den meisten Zuspruch“. Das bestätigte auch Gerd Matschke: Die Vorschlagstrasse sei lokalen Bundestagsabgeordneten vorgestellt worden und habe parteiübergreifend Zustimmung erhalten. So ein Bauprojekt gehe „leider nicht ohne Eingriffe in die Lebenswelt von Anwohnern“, betonte Ingrid Felipe, Vorstandsmitglied bei der DB-Tochter InfraGo.

15 Minuten Zeitersparnis für 5,5 Milliarden – lohnt das? Großprojekte-Leiter Gerd Matschke verwies auf die Vorteile: Die Strecke liege auf der Magistrale Paris–Budapest (daher dürfte es EU-Gelder geben) und ermögliche es, Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Auf der neuen Trasse sollen auch Güterzüge mit der neuen Standardlänge 740 Meter fahren, daher gibt es nur sanfte Steigungen. 17 Millionen Lkw-Kilometer im Jahr würden künftig eingespart. Und, lokal wichtig: Zusmarshausen erhält einen Bahnhof – der Bürgermeister, der zur Präsentation nach Augsburg reiste, ist davon begeistert.

Artikel 9 von 11