Ein Spanier in Bayern: Ignacio Barbera Blanco arbeitet als Erzieher in Straßlach. Die Kinder lieben ihn.
Straßlach – Immer häufiger passiert es Claudia Kasberger, dass sie von ihren Kita-Kindern in Straßlach mit einem freundlichen „Hola“ begrüßt wird. Der Grund dafür heißt Ignacio Barbera Blanco. Der 42-jährige Spanier arbeitet seit gut zwei Jahren im Haus für Kinder im Landkreis München. Und während sein Deutsch von Monat zu Monat besser wird, haben die Mädchen und Buben ihn nicht nur ins Herz geschlossen, sondern ganz nebenbei auch ein paar Brocken Spanisch gelernt. Er ist gemeinsam mit seiner Freundin von Madrid nach Bayern gezogen. Beide sind ausgebildete Erzieher, in Spanien ist dafür sogar ein Studium nötig. Aber es gibt dort keinen so großen Bedarf an Erzieherin wie hier. Deshalb werben immer mehr Kommunen Erzieher aus Spanien an.
Ignacio Barbera Blanco hat den Schritt mit seiner Freundin gewagt. Sie arbeitet in einer anderen Einrichtung in Straßlach. Beide haben ihre Entscheidung keinen Tag bereut, erzählt er in gutem Deutsch. „Alle sind sehr nett und haben uns herzlich aufgenommen.“ Die beiden bekamen einen Deutschkurs organisiert, erst in Spanien, dann in Bayern – inzwischen sind sie nur noch einmal pro Woche in der Volkshochschule. „Die Arbeitsbedingungen sind hier viel besser und viel professioneller“, sagt der 42-Jährige. In Spanien muss ein Erzieher rund 25 Kinder allein betreuen – und bekommt dafür weniger Gehalt als in Deutschland. Auch die Kita-Leiterin Claudia Kasberger ist glücklich über die Verstärkung. „Ignacio wird bei uns dringend gebraucht“, sagt sie. „Und besonders für unsere Jungs ist es eine Bereicherung, dass wir einen Mann im Team haben.“
Der Landkreis München wirbt genau wie die Stadt München schon seit fünf Jahren aktiv um ausgebildete Erzieher aus dem Ausland. Sie sind gemeinsam auf die Agentur für Arbeit zugegangen. „Wir haben im Landkreis unsere rund 300 Einrichtungen abgefragt, ob Interesse an spanischen Fachkräften besteht“, berichtet Harald Neubauer, der im Landratsamt den Bereich Arbeit, Jugend und Soziales leitet. „Auch weil wir sichergehen wollten, dass die Spanier willkommen geheißen werden, eingebunden werden und Unterstützung in den ersten Monaten bekommen.“
Auf Spanien fiel die Wahl, weil die Ausbildung dort besonders gut ist. Über die Zentrale Ausländer- und Fachkraftvermittlung (ZAV), das Internet und einen eigens produzierten Werbefilm wurden interessierte Spanier gefunden, erklärt Harald Neubauer. Die Organisatoren haben eine Vorauswahl getroffen und dann den ersten Kontakt zu Vertretern der Kitas hergestellt.
Im Landkreis München fehlen rund 200 Erzieher, berichtet Neubauer. Sechs bis acht Kräfte kommen jedes Jahr aus Spanien. „Natürlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Neubauer. Aber trotzdem können dadurch mehr Kinder betreut werden. Bewerber gäbe es in Spanien noch mehr, denn dort gibt es lange nicht so viele Kindertagesstätten wie in Deutschland. Aber die Kommunen müssen für alle auch bezahlbare Wohnungen finden. Das Projekt ist sehr erfolgreich, berichtet Neubauer. „Nur wenige Spanier sind irgendwann in ihre Heimat zurückgekehrt.“ Und die meist aus familiären Gründen, sagt er.
Trotzdem haben noch nicht viele Landkreise nachgezogen. Denn natürlich steckt nicht nur viel Arbeit in der Vermittlung, sondern auch Geld. „Wir haben im Haushalt 36 000 Euro für die Sprachkurse eingeplant“, sagt Neubauer. Für die Kitas ist das Engagement des Landkreises ein kostenloser Service. „Wir wissen, wie viel für viele Familien an der Kinderbetreuung hängt“, betont Neubauer. Die Rückmeldungen seien bisher durchweg positiv. „Von den Kitas hören wir, dass die Spanierinnen und Spanier einen tollen Job machen.“
Auch die Gemeinde Holzkirchen im Kreis Miesbach hat den spanischen Erzieher-Markt bereits für sich entdeckt. Sie arbeitet mit der Agentur Helmeca zusammen, die spanische Fachkräfte nach Deutschland vermittelt. Seit 2012 waren es mehr als 1200 Erzieher, berichtet Helmeca-Gründer Raúl Krämer. „In Spanien arbeiten rund 90 Prozent der Erzieher in anderen Berufen“, berichtet er. Auch weil ihr Nettolohn dort nur bei durchschnittlich 900 Euro liegt. Die Agentur hat in einigen deutschen Städten Wohnungen angemietet und vermietet sie an die Spanier in der Anfangszeit zu fairen Preisen weiter, sagt er. Außerdem kümmert sie sich darum, dass die Bewerber bereits auf B2-Niveau Deutsch sprechen, wenn sie nach Deutschland kommen. „Viel Werbung müssen wir für unser Angebot inzwischen nicht mehr machen“, sagt Krämer. „Die Kommunen kommen auf uns zu.“
Holzkirchen ging diesen Weg, weil dort in einer Einrichtung fünf Erzieherinnen gleichzeitig schwanger wurden. „Das hätten wir nicht mehr auffangen können“, sagt Marile Osterloher, die in der Gemeindeverwaltung für die Kitas zuständig ist. Seit drei Monaten arbeitet eine Spanierin in der Einrichtung. Noch ist der Vertrag auf ein Jahr befristet. „Wenn es beide Seiten möchten, wird er danach verlängert“, sagt Osterloher. Von Gemeindeseite aus sieht sie bisher keinen Grund, der dagegen sprechen würde. „Es klappt alles wunderbar.“ Und die Frau werde dringend gebraucht. Denn in Deutschland werde es immer schwerer, gute Fachkräfte zu finden.