Bayern schrumpft

von Redaktion

Im Freistaat leben laut Zensus 2022 viel weniger Einwohner als gedacht

Geschäftiges Treiben in der Münchner Fußgängerzone. Der statistische Schwund fällt hier kaum ins Gewicht. © P. Kneffel/dpa

München – Bayern wächst – das war seit Jahren die alljährliche Botschaft des Bayerischen Statistischen Landesamtes, das immer neue Bevölkerungs-Rekordzahlen meldete. Nun aber das: Nach den Zahlen des Zensus 2022, der unter der Federführung des Statistischen Bundesamtes entstanden ist, schrumpft die Anzahl der Bayern – und zwar gleich um die Größe einer mittleren Großstadt. Demnach leben in Bayern derzeit 13,038 Millionen Personen, 292000 weniger als bisher angenommen. Besonders eklatant ist die Diskrepanz in München, das nun wieder unter die (symbolisch wichtige) Marke von 1,5 Millionen Einwohnern fällt – 1,479 Millionen sind ein Rückgang um 30000 Bürgern.

Wie das? Ein Grund könnte sein, dass der Zensus 2022 um die Zahl der Karteileichen bereinigt ist. Viele Bürger melden sich bei einem Umzug einfach nicht ab. Zwar wurde die Bevölkerungszahl zuletzt auf der Basis des Zensus 2011 jährlich fortgeschrieben. Das ist offenbar aber nicht so präzise. Die Stadt München hat in ihrem Melderegister sogar noch höhere Zahlen: 1594632 Bürger waren im Mai registriert, 115000 mehr als jetzt festgelegt. „Diese Zahlen legt die Stadt auch weiterhin ihren kommunalen Planungen zugrunde“, betonte die Pressestelle. Grund sei, dass es der Stadt „gegenwärtig nicht möglich“ sei, das angewendete Verfahren der Bundes-Statistiker „zu überprüfen und die Ergebnisse zu qualifizieren“. Die statistische Auswertung ist keine reine Zahlenspielerei, sondern hat auch finanzielle Auswirkungen. Die Schlüsselzuweisungen, die der Freistaat an einzelne Kommunen zahlt, richten sich auch nach der Bevölkerungsstärke. Logische Folge: Wenn München schrumpft, gibt es auch weniger Geld. Der Landkreistag beruhigte gestern: „Da der kommunale Finanzausgleich für das Jahr 2024 schon feststeht, wirken sich die Ergebnisse des Zensus 2022 im laufenden Jahr nicht aus.“ Wie 2025 abgerechnet werde, sei abzuwarten.

Auch regional sind die Unterschiede zu den bisher angenommenen Zahlen durchaus gewichtig. Beispielsweise hat Ingolstadt jetzt rund 3000 Einwohner weniger (jetzt: 136468), die Stadt Freising muss einen Abzug von 1302 Bürgern verkraften (jetzt: 47727), die etwas kleinere Große Kreisstadt Fürstenfeldbruck gar von 1337 Bürgern (bleiben 35844). Oberbayern insgesamt schrumpft um 110000 Bürger, bleibt aber natürlich mit Abstand der bevölkerungsstärkste Regierungsbezirk mit 4,679 Millionen Einwohnern. In manchen Orten gibt es auch ein (bescheidenes) Plus, etwa im Landkreis Garmisch-Partenkirchen (plus 37 Bürger bedeuten jetzt 89200 Einwohner insgesamt).

Bayern liegt im Trend – denn auch bundesweit wurde wie berichtet die Bevölkerungszahl nach unten korrigiert. In Deutschland leben laut Zensus 2022 82,7 Millionen Personen, 1,4 Millionen weniger als angenommen. Gezählt wurden nicht nur die Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, sondern alle, die hier wohnen. Vor allem die Zahl der Ausländer wurde überschätzt – 10,9 Millionen Ausländer sind rund eine Million weniger als bislang angenommen. Heute will Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) weitere Details bekanntgeben. DIRK WALTER

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