„Tablets müssen dem Lernen dienen“

von Redaktion

Tobias Schreiner von der Realschule Tegernsee.

Boris Hackl. Chef am Gymnasium Gröbenzell.

Axel Kisters, Schulleiter in Holzkirchen

Vielerorts noch Neuland: Eine Schülerin arbeitet am Tablet. © Fotos: Harald Oppitz/kna, Thomas Plettenberg, Stefan Rumpf/fkn, privat

Holzkirchen/Tegernsee – Ein Punkt ist Axel Kisters, Direktor des Staatlichen Gymnasiums Holzkirchen, bei der Sache mit den Tablets besonders wichtig. „Was ein Tablet nicht sein darf, ist ein reiner Heftersatz“, sagt er. „Es muss darüber hinausgehen, nur dann hat der Einsatz von digitalen Endgeräten im Unterricht einen Mehrwert.“ Und an diesem Mehrwert müsste man sich orientieren.

Nach dem Beschluss des Kultusministeriums soll jeder Schüler ab dem kommenden Schuljahr mit einem digitalen Endgerät, in der Regel ein Tablet, ausgestattet werden. Vorbereitet wurde die digitale Revolution in bayerischen Klassenzimmern auch durch ein zweijähriges Pilotprojekt, an dem 350 Schulen teilgenommen haben. Eine dieser Modellschulen war das Gymnasium in Holzkirchen (Kreis Miesbach). Dort wurde die 1:1-Ausstattung in den Jahrgängen 9 und 10 durchgeführt. Die Tablets haben die Eltern gekauft, vom Staat erhielten sie dafür einen Zuschuss von 300 Euro pro Gerät, der jetzt auf 350 Euro erhöht wurde.

Welche Jahrgänge ausgestattet werden, liegt im Ermessen der Schule. „Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, an unserer Schule erst in der 9. Jahrgangsstufe die Eins-zu-Eins-Ausstattung durchzuführen“, sagt Kisters. In den Klassen fünf bis acht dagegen sollen die Schüler die Grundlagen des Lernens und eine saubere, handschriftliche Heftführung lernen. „Wir geben ihnen das Rüstzeug mit, das sie benötigen, wenn sie verantwortungsvoll mit den neuen digitalen Möglichkeiten umgehen sollen“, sagt Kisters.

Insgesamt, so der Schulleiter, hätten sie in dem zweijährigen Modellversuch sehr gute Erfahrungen gemacht. Die neuen Formen wie digitale Präsentationen, von Schülern erstellte Videos und Podcasts hätten sich schnell etabliert und würden den Unterricht bereichern. „Aber das bedeutet nicht, dass wir im Unterricht jetzt nur noch auf digitale Elemente setzen“, betont Kisters. „Der Einsatz der Tablets muss dem Lernen dienen. Nur dann ist er sinnvoll.“

Ein ähnliches Fazit zieht auch Tobias Schreiner, Schulleiter der Realschule Tegernseer Tal, nach der zweijährigen Modellphase. „Es geht nicht um Digitalisierung um jeden Preis und alles, was auf Papier ist, muss raus.“ Vielmehr gehe es um ein Ineinandergreifen analoger und digitaler Elemente. Auch nur noch auf digitale Bücher zu setzen, sei keine Option. „Erstens ist das Display zu klein, und zweitens ist es ein anderes haptisches Erlebnis, ein Buch in Papierform zu lesen“, so Schreiner.

Die Geräte haben natürlich auch Ablenkungspotenzial, sagt der Schulleiter

In der Schule wurden und werden die Tablets ab der 7. Jahrgangsstufe eingeführt. Die Bandbreite im Unterricht sei größer geworden, der Unterricht selbst individueller und vielfältiger, berichtet der Schulleiter. Es gebe immer noch das Referat oder das Papier-Plakat, aber jetzt eben auch beispielsweise digitale Collagen. „Die Wege zwischen Lehrern und Schülern und den Schülern untereinander sind kürzer geworden und die Kommunikation schneller und einfacher“, sagt Schreiner. Viele Eltern würden auch zurückmelden, dass es ihren Kindern jetzt leichterfallen würde, ihre Schulmaterialien ordentlich zu strukturieren.

Allerdings schränkt der Schulleiter ein: Natürlich hätten diese Geräte auch ein Ablenkungspotenzial, manche Schüler seien hier gefährdeter als andere. „Hier muss man im Einzelfall bei der Arbeitsweise nachsteuern“, sagt Schreiner. So könne es für manchen Schüler besser sein, Hefte weiterhin in Papierform zu führen. „Man darf da nicht dogmatisch sein, Kinder und Jugendliche sind hier einfach unterschiedlich.“

An keiner der von unserer Zeitung befragten Schulen haben sich die Leistungen der Schüler signifikant verändert – weder in die eine, noch in die andere Richtung. Was aber Boris Hackl, Schulleiter des Gymnasiums Gröbenzell (Landkreis Fürstenfeldbruck) beobachtet hat, war „dank der Digitalisierung ein motivationaler Effekt bei den Schülern“. Es sei nämlich so, führt Hackl aus, dass gerade in der Mittelstufe am Gymnasium eine Motivationsdelle zu beobachten sei. „Die Anfangseuphorie ist verflogen und das Abitur noch in weiter Ferne.“

An dem Gymnasium wird mit der Ein-zu-Eins-Ausstattung in der achten Jahrgangsstufe begonnen. „Das ist unsere Einführungsklasse, das intensivere Programm folgt dann ab der 9. Klasse“, sagt Hackl.Eine Einführung in der Unterstufe lehnt auch er ab: „Es ist wichtig, erst die analogen Kernkompetenzen zu lernen.“ Auch Hackl befürwortet die Digitalisierung im Klassenzimmer. Man müsse sich vor Augen führen, sagt er, dass sich das private Umfeld der Schüler längst digitalisiert habe. „Wir als Schule stellen die Digitalisierung nicht her, sie ist bereits da“, sagt er. „Aber jetzt haben wir die Möglichkeit, die digitalen Kompetenzen der Schüler gezielter zu fördern.“

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