Mama geht tanzen – und was ist mit Papa?

von Redaktion

Der DJ animiert die Besucherinnen zum Tanz. Auch zu früher Stunde.

Im Gate-Club in Nürnberg spiegeln sich die Lichter.

Auszeit in der Disco: Die Mütter Ina, Meike, Steffi und Judith (v.l.n.r.) beim Tanzen während der Party-Reihe „Mama geht tanzen“ im Gate Club im Nürnberger Flughafen. © Karmann/dpa (3)

Nürnberg – Dicht gedrängt tanzt das Partyvolk in einem Nachtclub in Nürnberg. Auf ein Zeichen des DJs recken alle die Hände in die Höhe und singen laut mit. So weit nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist dagegen die Uhrzeit: Es ist gerade mal 20.30 Uhr – und die Party bereits ausverkauft. Und noch was ist ungewöhnlich: Hier feiern nur Frauen.

„Mama geht Tanzen“ heißt die Partyreihe, die in vielen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Frauen am frühen Abend für drei Stunden zum Tanzen bringt. Ende ist in der Regel um 23 Uhr, sodass alle noch vor Mitternacht ins Bett kommen und am nächsten Tag wieder für ihre Familie da sein können.

„Die Uhrzeit finde ich unschlagbar“, sagt Steffi, die mit drei Freundinnen auf der Party in Nürnberg feiert. Die 46-Jährige hat zwei Kinder. „Das ist für mich eine Mama-Auszeit.“ Ähnlich sieht es Judith, die zwei Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren hat. „Auf mich wartet morgen noch Mathe und Englisch lernen.“ Dass keine Männer auf der Party sind, gefällt ihr. „Ich kann herumlaufen, wie ich möchte – ohne Freiwild zu sein“, sagt Judith mit Blick auf ihr bauchfreies Outfit.

Die Idee zu „Mama geht Tanzen“ hatten Anna Schumacher und Andrea Rücker aus Wuppertal. Beides Mütter, die mal wieder feiern gehen wollten. Doch die Nachtclubs öffneten ihnen zu spät. „Es hat mich immer geärgert, dass meine Kinder gerade dann gut schlafen, wenn ich noch zu Hause sitze und darauf warte, dass etwas aufmacht“, erinnert sich Schumacher. Also organisierten die beiden Freundinnen ihre eigene Party. „Es war nie gedacht, dass es eine Reihe wird.“ Doch die Resonanz sei so gut gewesen, dass sie bald die nächste Party veranstaltet hätten – und schließlich über ein Franchise-System weitere Städte dazugekommen seien. „Mama geht Tanzen“ gibt es inzwischen in 110 Städten im deutschsprachigen Raum.

Unter der Woche sind After-Work-Partys gefragt. Weil sie früh starten. Aber selbst am Wochenende wollen viele Menschen nicht erst nach Mitternacht tanzen gehen. Das haben inzwischen wieder viele Nachtclubs erkannt. „Es gibt ganz viele Sachen, die tagsüber stattfinden“, sagt Lutz Leichsenring von der Clubcommission, dem Netzwerk der Berliner Clubkultur. „Die Corona-Pandemie hat verstärkt, dass sich die Leute an andere Ausgehrhythmen gewöhnt haben.“ Außerdem gebe es Kinderdisco-Veranstaltungen, wo Eltern tanzen könnten, während ihre Kinder beschäftigt seien, sagt Leichsenring. Der Augustinerkeller in München wiederum bietet sonntags Kinderbetreuung an, sodass Eltern den Biergartenbesuch in Ruhe genießen können.

Doch wieso braucht es ein Extra-Format nur für Mütter? Und was ist mit den Vätern, die nachts aufstehen, um Windeln zu wechseln oder Fläschchen zu geben? Im Internet empfinden es manche als diskriminierend, dass Männer ausgeschlossen sind. Andere stoßen sich an dem Namen „Mama geht Tanzen“, weil dieser Frauen zu sehr auf ihre Rolle als Mütter reduziere. „Uns wird oft vorgeworfen, dass wir ein Rollenbild aus den 1950er-Jahren bedienen“, bestätigt Schumacher. Ursprünglich sei die Idee aber gewesen, etwas für stillende Mütter zu machen, weil sie damals selbst in der Situation gewesen seien, erläutert sie. „Das hatte nie mit unseren Männern zu tun.“ Komplett ausgeschlossen sind Männer bei „Mama geht Tanzen“ nicht. „Sie dürfen als Begleitung ihrer Partnerin mitkommen und wenn ihnen klar ist, dass es keine Flirtbörse ist“, sagt Schumacher. Dass Männer trotzdem die Ausnahme auf den Mama-Partys bleiben, ist wenig überraschend. „Wir feiern zu 99 Prozent unter Frauen“, sagt Schumacher.

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