Schwimmkurs im See statt im Hallenbad

von Redaktion

Auf dem Wasser: Thomas Huber (Wasserwacht), Anna Stolz (Kultusministerin, Mitte) und Ilse Aigner (Landtagspräsidentin).

Ein bisserl frisch: Kinder beim Schwimmkurs im Karlsfelder See unter Aufsicht der Wasserwacht. © Habschied (2)

München – Glücklich planschen die Kinder im Karlsfelder See im Kreis Dachau. Unter Aufsicht von zwei Wasserwacht-Ausbildern ahmen sie Schwimmbewegungen nach. Sie sollen sich daran gewöhnen, wie es ist, in einem See im Freien zu schwimmen. Wichtig: Jeder muss im eingegrenzten Bereich bleiben. Denn dahinter wird es schnell tief. Hier wird‘s gefährlich – im Freien herrschen andere Bedingungen als im Hallenbad.

Bislang waren Schwimmkurse vor allem auf die Hallenbäder ausgelegt. Jetzt bricht die Wasserwacht mit einem Tabu – und wirbt auch für Kurse im Freigewässer. Das hat einen simplen Grund: Nicht nur die Teilnehmerzahlen bei Anfängerschwimmkursen und die Schwimmfähigkeit von Kindern sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Auch zahlreiche Schwimmbäder wurden wegen der geringen Nachfrage oder wegen hoher Betriebs- und Energiekosten geschlossen. So übrigens auch in Karlsfeld. Das Resultat: weniger verfügbare Schwimmfläche, lange Wartelisten. Die Wasserwacht Bayern will nun gegen die wachsende Nichtschwimmerquote ankämpfen. Ihre Kampagne „Bayern schwimmt“ geht dieses Jahr in die sechste Runde – dieses Mal unter dem Motto „Schwimmen lernen am See“. Jede verfügbare Schwimmfläche solle genutzt werden und Kindern so auch in Freigewässern das Schwimmen beigebracht werden. Dabei sollen die Kinder auch für die Risiken sensibilisiert werden. In Karlsfeld hat die Wasserwacht dafür nun eine neue Arbeitshilfe für Ausbilder und Schwimmlehrer vorgestellt.

Die sinkende Zahl an Schwimmbädern habe das Lehren am See zu einer „notwendig gewordenen Alternative oder Ergänzung“ gemacht, erklärt Thomas Huber, Landesvorsitzender der Wasserwacht Bayern. Eine Pflicht sei das Lernen im Freien natürlich nicht. Die vorgestellte Arbeitshilfe soll Ausbildern als Hilfestellung dienen. Das oberste Gebot laute, wie immer beim Schwimmen, die Sicherheit aller Teilnehmer, sagt Huber.

Vor der Pandemie hätten jährlich zwischen 10 000 und 12 000 junge Teilnehmer an Schwimmkursen teilgenommen, zum Corona-Höhepunkt lediglich 2000. Das Jahr 2022 mit knapp 18 000 Teilnehmern bezeichnet Huber als „Nachholeffekt“ – verstetigen konnte sich diese Zahl nicht. Vergangenes Jahr waren es wieder 12 700 Kinder, die Wartelistenplätze nicht mitgezählt. Huber hofft darauf, die „Verlustjahre auszugleichen“ – auch wenn das kaum zu schaffen ist.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ist Schirmherrin der Kampagne. Sie zeigt sich begeistert: „In einem der wunderbaren bayerischen Seen zu schwimmen, ist Freiheit pur!“ Jede andere Sportart sei zwar erlernbar, doch Schwimmen sei essenziell. „Ohne Schwimmkenntnisse kann es lebensgefährlich werden“, sagt Aigner und erzählt stolz davon, wie sie einmal den 4,2 Kilometer langen Starnberger See durchschwommen hat.

Anna Stolz, Kultusministerin von den Freien Wählern, verwies auf staatliche Maßnahmen zum Erhalt der kommunalen schulisch nutzbaren Bäderinfrastruktur.

Die Landtags-Grünen sehen die Staatsregierung beim Schwimmenlernen stärker in der Pflicht. Die stelle sich bei diesem Thema aber seit Jahren blind und taub, monierte Sport-Sprecher Max Deisenhofer. Die Seepferdchen-Gutscheine zum vergangenen Schuljahresbeginn würden die Probleme nicht lösen: „Jetzt wird wieder eine hübsche Kampagne aufgelegt und die Eltern sollen die Kinder selbst unterrichten und so ausbügeln, was die Staatsregierung versäumt hat“, kritisiert Deisenhofer. Es müsse endlich mehr Geld für die Sanierung der Schwimmbäder fließen.

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