INTERVIEW

Die Schnapsideen der Pointners

von Redaktion

Ehepaar aus dem Kreis Erding produziert preisgekrönte Edelbrände

Ihren Schnaps brennen die Pointners in der Garage.

Die Früchte für ihre Schnäpse holen die Pointners vom eigenen Feld bei Isen.

Ausgezeichnet für ihren Schnaps: Siglinde und Benedikt Pointner haben für ihre Obstbrände viele Preise bekommnen. © Achim Frank Schmidt (3)

Pemmering – Erfolgsgeschichten haben oft mit geistreichen Ideen, Äpfeln und Garagen zu tun. Wir reden hier nicht von Apple-Gründer Steve Jobs. Im kleinen Dorf Pemmering bei Isen im Kreis Erding stellen Siglinde und Benedikt Pointner in ihrer Garage Edelbrände aus Obst her. Für die feinen Schnapsideen wurde das Ehepaar gerade zum dritten Mal mit dem Bayerischen Staatsehrenpreis für Edelbrenner ausgezeichnet.

Die Leidenschaft fürs Brennen ist in Ihrer Familie ja tief verwurzelt.

Benedikt Pointner: Stimmt. Die geht tatsächlich schon auf Aktivitäten meiner Großmutter zurück. Es gab es immer wilde Geschichten, wie sie während des Zweiten Weltkriegs und danach auf ihrem Hof für die amerikanische Besatzung schwarz Alkohol gebrannt hat. Da waren Milchkannen im Einsatz, und es ist wohl auch einiges schiefgelaufen. Als Sohn einer Gastwirtsfamilie habe ich dann in der Jugend verschiedene Obstler kennengelernt. Die Qualität war bodenlos. Die musste man möglichst eiskalt in einem Zug runterkippen, weil sie so gestunken und gebrannt haben. Der erste Schluck von einem Edelbrand war wie eine Offenbarung. Seitdem hat mich die Frage umgetrieben: Wie kommt man vom schlechten Schnaps zum guten Brand?

Der Laie trinkt ein Schnapserl. Sie sprechen von Geist und Brand. Was macht den Unterschied?

Benedikt Pointner: Früchte wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen oder Aprikosen kann man in großen Mengen ernten, und sie haben auch entsprechend Fruchtzucker. Die Früchte werden gemaischt. Durch die Vergärung des Fruchtzuckers entsteht Alkohol, der der Maische durch Destillation entzogen wird. Früchte wie Himbeeren oder Nüsse legt man dagegen in Neutralalkohol ein, der ihnen die Aromen entzieht – die Basis für einen Geist.

Woran erkennt man einen guten Brand?

Benedikt Pointner: Er sollte eine aromatische Vielfalt aufzeigen und dabei die Typizität der Frucht erkennen lassen. Das Wichtigste ist, dass er beim Genießer ein Wohlgefühl auslöst.

Siglinde Pointner: Unser Ziel ist es nicht, dass sich die Kunden mit unseren Bränden betrinken. Sie sollen lernen zu genießen. Dafür bieten wir auch Verkostungen auf unserer Obstwiese an.

Was macht Ihre Brände im Wortsinn so ausgezeichnet?

Benedikt Pointner: Unsere Äpfel und Birnen werden geerntet, wenn sie pflückreif sind. Wir lassen die Früchte dann nachreifen – was sehr aufwendig ist –, bis sie aus unserer Sicht die maximale Aromatik haben. Den Zeitpunkt müssen wir genau erwischen, denn überreif ist auch nicht gut. Die Sorgfalt bei der Früchte-Reifung macht unsere Brände besonders.

Sie haben eine Intensiv-Obstanlage mit 1400 Bäumen. Verarbeiten Sie ausschließlich Obst aus eigenem Anbau?

Benedikt Pointner: Wir müssen auch Obst zukaufen. Ursprünglich wollten wir zum Beispiel Aprikosen anbauen und mussten dann feststellen, dass sie in einer Freiland-Bioanlage, wie wir sie haben, nicht durchhalten. Die Aprikosen kaufen wir jetzt direkt aus der Wachau.

Siglinde Pointner: Schwarze Johannisbeeren und Sauerkirschen holen wir vom Bodensee. Außerdem verwenden wir Früchte von Streuobst-Bäumen aus unserer engeren Umgebung. Wir sind Teil eines Projekts der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim. Die LWG hat in ganz Bayern Brenner gesucht, die seltene Streuobstsorten wie den Wettringer Taubenapfel destillieren. Das muss man wirklich als Leidenschaft betrachten, weil wir da oft nur von einem Baum und in ganz kleinen Chargen ernten und produzieren.

Wie sehr schaden Ihnen die Wetterkapriolen, die in letzter Zeit verstärkt auch in Süddeutschland wüten?

Siglinde Pointner: Wir hatten die vergangenen Jahre Glück, dass es nicht gehagelt hat. Eine Kollegin aus Tölz hat uns erzählt, dass bei ihr heuer die Obsternte praktisch schon beendet ist, weil es alle Früchte zerschossen hat. Vergangenes Jahr hat uns der Spätfrost bei der Zwetschgenernte übel mitgespielt. Heuer haben alle Obstsorten geblüht wie selten zuvor – aber es ist erst Juli. Jetzt müssen wir halt hoffen, dass wir eine reiche Ernte einfahren.

Trinken Sie auch die Brände der Konkurrenz – sozusagen Werksspionage im Glas?

Benedikt Pointner: Ja freilich. Wir haben eine kleine Gruppe von besten Freunden, die auch super Brenner sind. Einmal im Jahr machen wir einen Ausflug und besuchen Kollegen in Bayern und über die Landesgrenzen hinaus. Alle zeichnet aus, dass wir keine Geheimnisse voreinander haben. Im Gegenteil – wir tauschen uns auf hohem Niveau aus. Das macht Spaß und ist für uns auch eine Art Messlatte. In diesem Jahr soll es Richtung Norden an die Ostsee gehen.

Williamsbirne oder Marille sind Klassiker auf den Spirituosen-Karten. Stellen Sie fest, dass Ihre Kunden experimentierfreudiger werden?

Benedikt Pointner: Absolut! Wir werden oft gefragt, was wir empfehlen können. Ich rate dann gerne zu einem Brand, den der Kunde noch gar nicht kennt, zum Beispiel von der Wahlschen Schnapsbirne, einem Tresterbrand vom Gelben Muskateller oder einem Bierbrand. Der ist ein Projekt, das wir zusammen mit Edelbrand-Sommeliers und Brauereien aus ganz Bayern auf die Beine gestellt haben. Da ist jetzt schon eine Bandbreite an Bränden und Geschmacksvarianten entstanden, auf die wir alle wirklich stolz sind.

Bei der Auswahl allein im eigenen Hause bleibt die Frage nach Ihrem Lieblingsbrand?

Siglinde Pointner: Die Vielfalt ist so groß, dass ich mich da gar nicht festlegen will.

Benedikt Pointner: Fasziniert bin ich tatsächlich von der Quitte, weil sie bei uns wächst und trotzdem exotische Aromen hat, die in Richtung Orange, Zitrus, Ananas gehen – eine echte Geschmacksbombe.

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