Sarah Bader und Katharina Irlinger-Wolf. © Pfeiffer
Sechs Tage, 95 Pferde und 260 Kilometer über Steppe, durch Hügellandschaft und über den knapp 3000 Meter hohen Abanopass: Die Berchtesgadenerinnen Katharina Irlinger-Wolf und Sarah Bader haben sich einem „Almauftrieb“ mit Tuschetischen Bergpferden im georgischen Kaukasus angeschlossen. Ein unvergessliches Abenteuer.
Katharina Irlinger-Wolf reitet seit Kindheitstagen. Ihren Halbblüter Kami hat sie in einem Stall in Schönau am Königssee untergebracht. Ihr Pferd begleitet die 30-Jährige seit mittlerweile 14 Jahren. Im Stall lernte sie auch Sarah Bader kennen, die genauso pferdebegeistert ist. Ihr schwärmte Irlinger-Wolf von ihren früheren Reisen nach Georgien vor. Und irgendwann wollte Sarah Bader nicht nur träumen, sondern selbst dabei sein: hautnah das Leben der Nomaden erleben, die im Winter in der Steppe von Vashlovani und im Sommer auf den Weiden von Tuschetien in den Bergen leben.
„Georgien ist ein wunderschönes Land“, sagt Sarah Bader. Zwölf Tage waren die beiden in der georgischen Steppe – zu Gast bei Soso Shetidze. Der Pferdezüchter ist ein tuschetischer Horseman, ein echtes Original. Von Kindesbeinen an lebt er an der Seite der Tiere in den Weiten Georgiens. Die Pferde bewegen sich frei. Soso besinnt sich dabei auf Traditionen. Gäste aus fernen Ländern lässt er daran teilhaben. Von Oktober bis Mai ist er gemeinsam mit seinen etwa 100 Pferden im Winterlager in Vashlovani. Dort betreibt er im Nirgendwo ein Gästehaus. Für die Sommerweide geht es dann durch die Steppe, entlang von Straßen und durch Hügellandschaften über den anspruchsvollen Abanopass ins Sommerquartier.
„Mir war klar, dass wir viel Kraft brauchen werden, um das zu meistern“, sagt Bader. Und Teamgeist und Durchhaltevermögen. „Zart besaitet sollte man nicht sein“, sagt Katharina Irlinger-Wolf. Belohnt wurden die beiden aber mit unvergesslichen Erfahrungen. Wenn 95 Bergpferde zu traben beginnen, bebt der Boden, berichten sie. Die Tiere sind Arbeitspferde, sie haben ein klares Ziel: ihre Sommerweide. „Sie akzeptieren einen zwar, aber ein Dressurritt ist das nicht“, sagt Irlinger Wolf. Die beiden Bayerinnen saßen jeden Tag 45 Kilometer im Sattel – bis zu zehn Stunden lang. Toilette oder Dusche gab es eine Woche lang nicht. Georgische Mahlzeiten während der 260 Kilometer langen Reittour wurden mit dem Camping-Kocher zubereitet – immer da, wo Wasser für die Pferde und gutes Futter verfügbar war. Geschlafen wurde im Zelt. „Es geht nur um die Pferde“, sagt Katharina Irlinger-Wolf. Zäh und gangfreudig sind sie, kleiner als andere. Die Bergpferde gelten als besonders trittsicher. Müssen sie sein – oft laufen sie auf schmalen Pfaden direkt am Abgrund. „Man vertraut den Tieren einfach“, sagt Sarah Bader. Gesprochen wird bei dem Mehrtagesritt nicht viel. „Man lernt sich aber gut zu verständigen“, sagt Sarah Bader, die in Georgien ihr Zeitgefühl verlor. Die Pferde bestimmen den Tag. Das Smartphone ist plötzlich Nebensache. „Obwohl das Internet selbst im Nirgendwo viel besser ist als bei uns in Deutschland“, sagen beide.
KILIAN PFEIFFER