Sparzwang beim Erzbistum

von Redaktion

Kirchenaustritte und Konjunktur-Einbruch treffen jetzt erstmals auch die Finanzkraft des Münchner Erzbistums. Die Kirchensteuer-Einnahmen sanken um über sechs Prozent. Die Kirche will sich künftig auf Schwerpunkte konzentrieren.

Startklar für die Ministranten-Wallfahrt: Diözesanjugendseelsorgerin Johanna Gressung, Ministrant Moritz Lehnherr (19) und Projektleiterin Uschi Wieser (von links). © Robert Kiderle

Der Freisinger Domberg ist ein finanzieller Schwerpunkt für die Erzdiözese. Hier soll trotz sinkender Einnahmen weiter investiert werden. © Simon/SZ Photo/pa

München – Damit wurde seit Jahren gerechnet, doch nun ist es in den Haushaltsbüchern des Erzbistums München und Freising schwarz auf weiß vermerkt: Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sind 2023 um über sechs Prozent auf 617 Millionen Euro gesunken (2022: 658 Millionen). In anderen Worten: 41 Millionen Euro sind verloren gegangen durch die zahlreichen Kirchenaustritte, Auswirkungen von Steuerentlastungen und konjunkturell bedingte Folgen. Finanzdirektor Marcel Reif, der gestern in München zusammen mit Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann den Haushalt vorstellte, sagte: „Erstmals sind wir unter den Planzahlen geblieben, ein für uns ungewohntes Szenario.“ Schließlich liefert die Kirchensteuer 70 Prozent der Erträge.

Insgesamt bezifferte Reif die Erträge im vergangenen Jahr auf 856 Millionen Euro (56 Millionen Euro weniger als 2022). 81 Millionen Euro waren staatliche Zuschüsse. „Eher pessimistisch“ sieht der Finanzdirektor in die Zukunft, was die Einnahmenseite in den kommenden Jahren betrifft. Die Bilanzsumme betrug 2023 rund 3,9 Milliarden Euro. Beim Vermögen weist sie 1,6 Milliarden Euro an Sachanlagen aus (+34 Millionen Euro gegenüber 2022) – davon rund 1,4 Milliarden Euro in bebauten und unbebauten Grundstücken. Die Finanzanlagen sanken um 16 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden Euro.

„Wir werden künftig nicht mehr alles machen können“, erklärte der Generalvikar zu den Zahlen. „Aber was wir machen, wollen wir g‘scheit machen.“ Man werde sich daher gezielt auf Schwerpunkte konzentrieren. Hier nannte Klingan etwa das gerade eröffnete Trauerzentrum am Münchner Ostfriedhof oder die Investitionen auf dem Freisinger Domberg mit dem Diözesanmuseum und dem Tagungs- und Gästehaus. Auch in Jugendarbeit investiert das Erzbistum. So werden die Reisekosten für die Ministrantenwallfahrt nach Rom bezuschusst, an der am 27. Juli allein fast 5000 Jugendliche aus der Erzdiözese teilnehmen. An kirchlichen Schulen werden Nachhaltigkeitsprojekte gefördert, in denen Schülern Umweltschutz und nachhaltige Ernährung vermittelt werden. Dafür werden eigens Lehrkräfte von Erzbischöflichen Schulen in Schöpfungspädagogik weitergebildet.

Gespart werden muss im Erzbistum bei Immobilien, machte Amtschefin Herrmann deutlich. Derzeit laufen Pilotprojekte in Berchtesgaden und im Münchner Südwesten. „Im Kern geht es darum, die Mittel, die wir haben, vor allem in Menschen und weniger in Steine zu investieren.“ Insgesamt steht auf dem Prüfstand, welche Gebäude künftig für den kirchlichen Auftrag benötigt werden. Sie hofft auf ein „gutes Miteinander der vor Ort Verantwortlichen“.

Kardinal Reinhard Marx räumt im Vorwort des Haushaltsberichts ein, dass die Kirchenaustritte in vielen Fällen zeigten, „dass wir den Kontakt zu einem Menschen verloren haben, dass sich ein Mensch in unserer Gesellschaft nicht mehr aufgehoben gefühlt hat“. Man wolle mit Ideen und hohem Engagement daran arbeiten, das zu vermeiden. „Jeder Austritt wirkt sich auch finanziell aus und macht es uns schwerer, unsere kirchlichen und gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen.“ Man wolle das Schwierige und Schlechte in der Kirche nicht ignorieren – damit meint er die Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche, die vielfach Anlass für den Austritt seien –, „aber wir dürfen und müssen versuchen, es in etwas Gutes zu verwandeln“. Oder wie Generalvikar Klingan sagt: Wieder deutlich machen, „wofür wir als Kirche positiv stehen“.

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