Bademeister verzweifelt gesucht

von Redaktion

An heißen Sommertagen wie heute wird es voll in den Freibädern. Doch fast überall fehlt Personal. © imago

München – Simon Hötzl blutet das Herz, wenn er sich die Wetterprognose für den heutigen Samstag anschaut. 30 Grad – und trotzdem kann die Gemeinde Unterhaching das Freibad erst um 12.30 Uhr aufsperren. „Das Personal reicht nicht, wir können nur eine Schicht besetzen“, sagt der Rathaussprecher. Es gibt zwar genug Schwimmmeister, aber eine der drei Stellen für Bäder-Fachangestellte ist seit Monaten unbesetzt. „Wir dürfen die Mitarbeiter, die wir haben, nicht verschleißen“, sagt Hötzl. „Deshalb müssen wir wohl die ganze Saison mit eingeschränkter Öffnungszeit arbeiten.“

Das tut nicht nur weh, weil in wenigen Tagen die Sommerferien beginnen und viele Bürger im Rathaus anrufen, um zu fragen, wann das Freibad wieder vormittags geöffnet ist. Auch finanziell spürt die Gemeinde im Kreis München den eingeschränkten Betrieb. „Die Einnahmen sind schon letztes Jahr um 20 bis 25 Prozent zurückgegangen“, sagt Hötzl. „Dieses Jahr erwarten wir dasselbe Ergebnis.“

Es ist nicht so, dass Unterhaching nicht alles versuchen würde, um Personal zu finden. Stellenausschreibungen, Banner im Stadion oder beim Bürgerfest. „Wir hängen alles zu“, sagt Hötzl. Aber es gab nicht eine einzige Rückmeldung. Weil in Unterhaching auch die Wasserwacht am Beckenrand aushilft, geht es eigentlich nur um eine Stelle. „In kleinen Bädern wird das sofort sichtbar und hat große Auswirkungen.“

Unterhaching ist kein Einzelfall. Auch viele andere Freibäder in Oberbayern mussten wegen Personalmangels mit verkürzten Öffnungszeiten in die Saison starten. Das Freibad in Dachau hat im Mai und Juni deswegen täglich schon um 15 Uhr geschlossen. Inzwischen sind die Öffnungszeiten wieder um ein paar Stunden verlängert. Die Stadt München beginnt die Suche nach Personal für ihre acht Freibäder bereits immer im Januar. Um im Sommer 60 Rettungsschwimmer im Einsatz zu haben, führt Max Gutmann von den Stadtwerken etwa 120 Einstellungsgespräche, berichtet er. „Wir bieten den Leuten maximale Flexibilität, was Arbeitszeit und Wochentage angeht“, erklärt er. So will die Stadt den Job attraktiv machen. „Für uns bedeutet das viel Arbeit – aber es ist ein Weg, um alle Stellen besetzen zu können.“

Es ist kein neues Problem, dass in Bayerns Bädern Personal fehlt. Aber mit jedem Schwimmmeister, der kündigt oder in den Ruhestand geht, wird es größer. Der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister geht davon aus, dass bundesweit bis zu 2500 Fachkräfte fehlen. Bei der Bundesagentur für Arbeit wurden vergangenes Jahr im Schnitt 79 unbesetzte Bademeisterstellen pro Monat gemeldet. Außerdem fehlen Kassen-, Gastronomie- und Reinigungskräfte, sagt Christian Kuhn, Sprecher der Bäderallianz Deutschland. „Wir gehen davon aus, dass derzeit rund tausend Bäder von Einschränkungen betroffen sind.“

Für Bayern gibt es keine Zahlen. Aber auch Ralf Großmann, der Landesbeauftragte vom Bundesverband der Schwimmmeister, sagt: „Das Problem wird immer größer.“ Ein Grund sei die schlechte Bezahlung, ein anderer die große Verantwortung, die Fachkräfte in den Schwimmbädern tragen. „Und natürlich müssen sie besonders dann arbeiten, wenn das Wetter schön ist und alle anderen freihaben.“

Viele Kommunen und Freibad-Betreiber werden deshalb schon seit Langem kreativ. Sie sprechen Stammgäste oder gute Schwimmer direkt am Beckenrand an und werben für den Beruf, berichtet Großmann. Und natürlich geben alle Stellenanzeigen auf. Allerdings nur selten mit Erfolg.

Auch Maik Krieger, Bürgermeister von Garching an der Alz im Landkreis Altötting, hat es mit Inseraten probiert. Bei ihm hat das Glück ein bisschen nachgeholfen. Ein ausgebildeter Schwimmmeister war der Liebe wegen gerade in die Nachbargemeinde gezogen und meldete sich. Krieger nennt ihn seinen „Sechser im Lotto“. Aber die eine Stelle reichte nicht. Deshalb ging die Gemeinde in die Schulen und warb dort für die Ausbildung. „So unattraktiv ist der Beruf ja auch wieder nicht“, sagt Krieger. „Man ist an der frischen Luft, arbeitet mit Menschen.“ Einen Azubi hat die Gemeinde auf diesem Weg gefunden. Nächstes Jahr schließt er seine Ausbildung ab – und Krieger hofft, dass er dann bleiben wird. Denn nächstes Jahr wird ein älterer Schwimmmeister in Rente gehen und eine neue Lücke reißen. „Wir werden auf jeden Fall weiter an die Schulen gehen und dort Werbung machen“, kündigt der Bürgermeister an. Denn auf noch einen Sechser im Lotto zu warten, reiche nicht.

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