Norbert Röhrle aus Karlsfeld. © Rist
Sport hat Norbert Röhrle schon immer begeistert. Auch mit 81 trainiert der Karlsfelder noch eisern. Schließlich steht bald die Leichtathletik-WM in Schweden an – und er will mindestens eine Medaille nach Bayern holen.
Mit einem Knall fliegt der 500 Gramm schwere Ball mit voller Wucht gegen die Polsterung. Norbert Röhrle verzieht unzufrieden das Gesicht. „Mehr Schwung aus der Hüfte“, sagt er zu sich selbst. Er ist sein eigener Trainer. Der 81-Jährige steht in engem, schwarzem Trainingsanzug in seinem Garten in Karlsfeld im Kreis Dachau und scheitert an seinen hohen Ansprüchen an sich selbst. Er steckt gerade mitten in den Vorbereitungen für die Leichtathletik-WM im August in Schweden. Jeden Tag trainiert er dafür die fünf Wurfdisziplinen. Denn er will mindestens eine Medaille aus seiner Altersklasse M 80 mit nach Hause bringen.
Sport ist Röhrles Leidenschaft. Dafür ist er schon viel gereist – bis nach Kanada, Brasilien oder Australien. Seine Frau Petra begleitet und unterstützt ihn. „Sie erträgt meine unzähligen Trainingsstunden im Garten“, erzählt er. Die Reisen zu den Wettkämpfen kombinieren die beiden mit Urlaub. Aber im Vorfeld steht hartes Training an. 20 bis 30 Würfe absolviert der Karlsfelder pro Tag, um seine Technik zu verbessern. „Natürlich ist meine Schnellkraft nicht mehr so wie vor 60 Jahren, aber mit meinen Wurfleistungen bin ich immer noch sehr zufrieden.“
Ehrgeizig war Röhrle schon immer. Als Teenager begann er mit dem Werfen, mit 17 war er bereits bayerischer Jugend- und Juniorenmeister im Speerwurf. Als junger Mann hörte er mit dem Sport auf, fing aber als Rentner wieder an. Und als er erfuhr, dass es Seniorenwettbewerbe gibt, war der alte Ehrgeiz sofort wieder da. Sein Grundstück in Karlsfeld hat er kurzerhand in einen kleinen Sportplatz umfunktioniert. Er schaffte sich das nötige Equipment an, um seine Muskeln trainieren zu können. „Nachdem ich gemerkt habe, dass meine Kraft nachlässt, muss ich auch daran arbeiten.“ Denn die Konkurrenz ist groß. Auch in seiner Altersklasse. Ans Aufhören denkt Röhrle gar nicht. Im Gegenteil, er hat noch viele Ziele. „Das Training und die Wettkämpfe halten mich jung“, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass ich auch mit 90 noch gute Leistungen im Speerwurf erzielen kann.“
Schon jetzt stapeln sich im Arbeitszimmer des pensionierten Architekten unzählige Medaillen, Urkunden und Zeitungsartikel. In seiner Familie konnte er die Begeisterung für die Leichtathletik bisher leider nicht weitergeben, beichtet er. Nun ruhen seine Hoffnungen auf seinem dreijährigen Enkel Quirin. „Der wirft jetzt schon alles, was er in die Hände bekommt“, sagt Röhrle lächelnd. Er würde sich sehr freuen, wenn er seinen Enkel eines Tages beim Speerwerfen anfeuern kann. Zwei kleine Speere aus Bambus hat er ihm schon gebastelt und ihm einige Kniffe beigebracht. Doch erst mal will er sich noch anfeuern lassen.
FREDERIC RIST