Tödliche Blitzschläge in den Bergen

von Redaktion

Der Zugspitz-Gipfel ist nicht weit von der Aussichtsterrasse entfernt. Es handelt sich um freies Gelände, die BZB darf den Zutritt auch bei Gewittern nicht verbieten. © Spremberg

Es blitzte und donnerte am Sonntag heftig in Bayern. Besonders gefährlich sind Unwetter in den Bergen. © Archivbild: Joerg Reuther/pa

Garmisch-Partenkirchen – Wenn auf Deutschlands höchstem Berg ein Gewitter aufzieht, beginnen die Sicherheitsmaßnahmen lange bevor es blitzt und donnert. „Wir messen die Ladungen in der Luft“, berichtet Verena Tanzer, Sprecherin der Bayerischen Zugspitzbahn (BZB). Wenn sie so hoch sind wie am Sonntagnachmittag, wird die Gipfelterrasse sofort gesperrt. „Wir holen alle Gäste nach drinnen, die Türen werden verschlossen und es werden Warnschilder aufgehängt“, berichtet sie. Einige Türen bleiben aber für Bergsteiger offen, die sich noch draußen aufhalten, dort stehen Mitarbeiter, berichtet Tanzer. Den etwa 80 Meter von der Terrasse entfernten Gipfel der Zugspitze kann die BZB allerdings nicht absperren. „Das ist freies Gelände, es befindet sich außerhalb unserer Zuständigkeit“, erklärt Tanzer. Man könne Bergsteiger nicht zwingen, in der Gipfelstation Schutz zu suchen. „Aber unsere Mitarbeiter rufen zum Gipfel rüber und warnen vor dem Risiko durch Blitzschläge.“

All diese Warnungen und Sicherheitsmaßnahmen haben einen 18-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen nicht erreicht. Er war am Sonntag mit zwei Freunden mit der Bahn auf den 2962 Meter hohen Gipfel gefahren. Die drei jungen Männer hielten sich noch am Gipfelkreuz auf, als es bereits heftig blitzte und donnerte. Der 18-Jährige wurde vom Blitz tödlich verletzt. Seine Begleiter blieben unverletzt, mussten aber vom Kriseninterventionsdienst betreut werden.

Durch das Unwetter wurde der Rettungseinsatz für die Bergwacht Grainau kompliziert. Ein Hubschrauber konnte nicht fliegen, die Zugspitzbahn konnte nicht fahren. „Wir mussten abwarten, bis sich die Wetterlage etwas beruhigt hatte“, berichtet Einsatzleiter Bernhard Kraus von der Bergwacht Grainau. Etwa 45 Minuten nach der Alarmierung waren die Einsatzkräfte am Gipfel, konnten dann aber nur noch den Tod des jungen Mannes feststellen. Er war offenbar nicht direkt getroffen worden, hatte sich aber in unmittelbarer Nähe der Eisenleiter aufgehalten, als der Blitz einschlug, berichtet Kraus. Nach seinen Informationen hatten die drei jungen Männer die Gefahr unterschätzt und wollten noch schnell ein Gipfelfoto machen. Sie waren auf dem Rückweg zur Gipfelstation, als das Unglück passierte. Die beiden Begleiter mussten ihren bewusstlosen Freund zurücklassen und sich nach drinnen retten.

Auch im Salzburger Stubachtal starb am Sonntagnachmittag ein 22-jähriger Wanderer durch einen Blitz. Er war mit seiner Mutter und seinem Bruder unterwegs, als die Familie von einem heftigen Gewitter überrascht wurde. Während die anderen beiden unter einem Felsvorsprung Schutz suchten, ging der 22-Jährige weiter. In rund 2300 Metern Höhe traf ihn ein Blitz. Als sein Bruder ihn kurz darauf fand, war er bereits tot. In Niedersachen wurde eine achtköpfige Familie durch einen Blitz verletzt, die unter einem Baum Schutz gesucht hatte.

Hätte Berthold Schalke die Chance gehabt, hätte er die Familie gerne davor gewarnt. Er ist Blitzexperte und Neurologe am medbo Bezirksklinikum Regensburg. Rund 100 Menschen werden pro Jahr deutschlandweit vom Blitz getroffen, berichtet er. Viele von denen, die überleben, behandelt er. Wer sich an den alten Spruch „Eichen weichen, Buchen suchen“ halte, sei bei Gewittern schlecht beraten, erklärt Schalke. „Unter jedem Baum ist es gefährlich, wenn es heftig blitzt.“ Genauso auf Hochsitzen und unter Holzunterständen, sagt der Experte. Und ganz besonders natürlich auf Berggipfeln. „Die Stahlseile auf Klettersteigen sind wie Blitzableiter“, erklärt er weiter. „Sehr viele Menschen unterschätzen diese Gefahr leider immer noch.“ Der beste Ratschlag für Wanderer sei, Wettervorhersagen zu beachten und bei angekündigten Gewittern gar nicht erst in die Berge zu gehen. „Im Gebirge gibt es einfach wenig Schutzmöglichkeiten.“

Forscher hätten in einer Studie kürzlich herausgefunden, dass bei einem Blitzschlag weniger Strom in den Körper geleitet wird, wenn der Kopf nass ist, berichtet Schalke. „Es kann im offenen Gelände also helfen, sich die Trinkflasche über dem Kopf auszuleeren.“ Außerdem rät er Gruppen dazu, etwa fünf Meter Abstand zueinander zu halten. „Wenn alle vom Blitz getroffen werden, kann keiner Erste Hilfe leisten“, erklärt er. Und Erste Hilfe sei bei Blitzschlägen lebenswichtig. Denn es wirken für 0,02 Sekunden bis zu 100 Millionen Volt und mehrere 10 000 Ampere auf einen Menschen ein, wenn er getroffen wird. Ein Teil des Stroms werde über die Haut abgeleitet, ein Teil fließt über die Blutgefäße durch den Körper und kann das Herz ausschalten. Wer schnell reanimiert werde, habe aber eine gute Überlebenschance, sagt Schalke. Wer vom Blitz allerdings direkt in den Kopf getroffen wird, hat geringe Chancen zu überleben.

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