Bayerns Lehrer erhalten Zugriff auf KI

von Redaktion

Lehramtsstudentinnen bei der Planung des Unterrichts mit Tablets. © Waltraud Grubitzsch/pa

Das KI-Kompetenzzentrum ist an der Lehrer-Akademie in Dillingen angesiedelt. © alp (2)

Dillingen – An diesem Ort vermutet man nicht das modernste deutsche KI-Kompetenzzentrum für Schulen: Das ehemalige Kapuzinerkloster im schwäbischen Dillingen ist 400 Jahre alt. Der Freistaat hat das Kloster gründlich renovieren lassen. Dabei hielt digitale Technologie Einzug. Eine Abteilung für virtuelle Realität, ein futuristisches Lernlabor mit 3-D-Druck und Serious Games und, jetzt ganz neu, das sogenannte KI-Kompetenzzentrum. Es gehört zur Akademie für Lehrerfortbildung und Personalplanung (ALP) in Dillingen. Es ist die zentrale Lehrer-Fortbildungsstätte in Bayern. Jährlich 25000 Lehrer kommen zu Fortbildungen vor Ort, zudem gibt es 200000, die online teilnehmen. Aus Dillingen kommt jetzt der KI-Assistent, der ab kommendem Schuljahr jedem bayerischen Lehrer zur Verfügung stehen soll.

Die meisten anderen Bundesländer planen den Einzug generativer KI in die Klassenzimmer erst noch. Bayern macht zum neuen Schuljahr Nägel mit Köpfen. Jede Schule verfügt dann über ein eigenes Budget für Künstliche Intelligenz. Zusätzlich bekommen die 127000 Lehrkräfte einen KI-Assistenten an die Seite. Der virtuelle Hilfslehrer hilft den Pädagogen, den Unterricht vorzubereiten. Die KI spuckt zum Beispiel einen Einstieg für eine Stunde zum Thema Energieverbrauch aus. Oder sie schlägt dem Lehrer eine ganze Unterrichtsreihe über Demokratie vor.

Das Besondere an der KI-Assistenz aus Dillingen ist, dass sie mit Dokumenten gefüttert wird, die speziell für den Freistaat gelten. Das bedeutet, dass der digitale Begleiter der Lehrkräfte nicht das übliche Plappermaul ChatGPT ist. Die KI für Bayerns Lehrer greift zunächst auf den weiß-blauen Lehrplan oder die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften des Landes für die Schulen zu. Das soll die Fehlerquote deutlich reduzieren. Allerdings: Fehlerfrei ist auch die Dillinger KI nicht. Letzte Instanz bei der Kontrolle ist und bleibt die Lehrkraft.

Mit dem KI-Assistenten macht sich Bayern zugleich unabhängig von den Plänen der Konferenz der Kultusminister (KMK). Die KMK schreibt gerade noch an einer Handlungsempfehlung, die im Herbst beschlossen werden soll. Nach dem vorläufigen Entwurf wollen die Schulminister zunächst alle pädagogischen, technischen und rechtlichen Voraussetzungen klären, bevor sie KI in die Klassen- und Lehrerzimmer holen. Bayern bietet seinen Schulen die KI-Anwendung also bereits an, wenn die Taskforce der KMK noch diskutiert. Nur die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz lassen Künstliche Intelligenz schon in den Unterricht.

Der Kopf hinter der bayerischen KI-Lösung für Schulen ist Alfred Kotter. Der Direktor der Dillinger Akademie hatte die Planstellen für Künstliche Intelligenz schon beantragt, da war die berühmte erste Version von ChatGPT des US-Unternehmens OpenAI noch gar nicht auf dem Markt. Er rechnet damit, sagt er im Gespräch, „dass wir mit AR und VR sowie mit Künstlicher Intelligenz schon bald in ganz neue Dimensionen des Lernens vorstoßen können. Es wird mittelfristig dann zum Beispiel so sein, dass die KI in den Selbstlernkursen der Akademie sich den Lernwegen der jeweiligen Lehrkraft anpasst.“

Kotter sieht sich als Streiter für die Konkurrenzfähigkeit staatlicher Stellen bei KI-Anwendungen. Das Land als Dienstherr müsse gewährleisten, dass seine Lehrkräfte auf alle KI-Tools gut vorbereitet sind, die der Markt anbietet. Deswegen stört er sich auch daran, wenn auf pädagogischen Kongressen „Werbung für einzelne private Anbieter gemacht wird – und die Anstrengungen der pädagogischen Landesinstitute keine Rolle spielen“.

Kotter hat seine Dissertation einst über „Ressourcenknappheit als Motiv staatlichen Handelns“ am Beispiel einer Saline geschrieben. Eine Doktorarbeit heute würde er unter das Motto stellen: „Zukunftsfähigkeit als Motiv staatlichen Handelns“. Er geht nun in den Ruhestand. Er habe mitunter den Eindruck, dass er mit der rasanten technologischen Entwicklung bei KI nicht mehr mithalten kann. „Wenn man das Gefühl hat, fachlich nicht mehr Impulse setzen zu können, sollte man Konsequenzen ziehen.“

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