Gasleck? Explosion gibt Rätsel auf

von Redaktion

Geschockt: Anwohner Wolfgang Ullmann. © vifogra

Dutzende Helfer: Rettungskräfte von Feuerwehr und THW arbeiten an der Unglücksstelle. © Stefan Puchner/dpa

Nur noch Ruinen: Die Druckwelle richtete enorme Schäden an benachbarten Gebäuden und parkenden Autos an. © Stefan Puchner/dpa

Gewaltiges Trümmerfeld: Vom Reiheneckhaus ist nichts mehr übrig, auch das Nachbarhaus stürzte teilweise ein. Darin starb der 17-Jährige. © vifogra/THW

Memmingen – Die Anwohner vermuteten zuerst ein Erdbeben. Dann einen Bombenangriff oder einen Flugzeugabsturz. Als am Freitag um 17.15 Uhr das Reiheneckhaus im Kalker Feld 51 in die Luft fliegt, nehmen sie einen enormen Knall wahr. Dann schleudert eine Druckwelle Dachziegel und Trümmerteile bis zu 400 Meter durch die Luft, sie drückt Fenster und Rollläden ein. „Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein muss“, sagt Nachbar Wolfgang Ullmann.

Der Memminger Oberbürgermeister Jan Rothenbacher (SPD) sprach am Samstag von einem „unglaublichen Schadensbild“. Er sei am Freitag sofort zum Schadensort geeilt und in größter Sorge um die Anwohner gewesen. Gegen 23 Uhr wurde am Freitagabend im angrenzenden Haus die Leiche des 17-jährigen Nachbarn geborgen, er war allein zu Hause. Auch der 68-jährige Eigentümer des Eckhauses sei zum Zeitpunkt der Explosion nicht im Haus gewesen.

Mindestens 225 Einsatzkräfte waren im Einsatz, darunter 70 Feuerwehrleute. Zahlreiche Anwohner mussten ihre Häuser verlassen. „Helfer des Technischen Hilfswerks haben inzwischen rund 20 Häuser auf ihre Statik überprüft, sodass die Bewohner zurückkehren können“, berichtete Polizeisprecher Bernd Stapfner am Sonntag. Wie viele Menschen noch nicht wieder in ihre Wohnungen konnten, war zunächst offen.

Dutzende Helfer von Technischem Hilfswerk (THW), Feuerwehr, der Stadt Memmingen und Rotem Kreuz räumen derzeit weiter auf. Auch Anwohner packten an: „Jeder hat den Besen herausgezogen und Dachziegel beiseite geräumt“, sagte Stapfner. Parkende Autos sind schwer beschädigt und müssen teils abgeschleppt werden. Kaputte Dachstühle werden mit Notfalldächern abgedichtet, „damit es die nächsten Tage nicht hineinregnet“, sagte Bürgermeister Rothenbacher.

THW und Feuerwehr seien beim Abdichten gut vorangekommen, das Schadensausmaß sei aber nicht vollständig klar. Das THW habe versucht, sich mit einer Drohne ein Bild von den Schäden speziell an den Dächern zu machen. Es sei ein immenses Schadensbild, bestätigte auch Stapfner.

„Es liegt natürlich die Vermutung nahe, dass es sich um einen Gasdefekt handeln könnte“, sagte ein Polizeisprecher – also ein Leck an der Gasleitung oder an einem Ventil. Er sprach von einer „sehr außergewöhnlichen Situation“. Allerdings gab Bürgermeister Rothenbacher zu bedenken, dass die Rohrinfrastruktur sehr neu und die Überprüfung bis zum Hausanschluss erst vor zwei Wochen durch die Stadtwerke vorgenommen worden sei. „Kein Rohr in der Ecke ist älter als siebzehn Jahre“, sagte der SPD-Politiker.

Die Stadtwerke Memmingen versorgen rund 8800 Haushalte mit Erdgas, die Leitungen werden regelmäßig geprüft: „Wir sind als Stadtwerke verpflichtet, alle vier Jahre eine Untersuchung zu machen, ob Gas austritt“, sagte Rothenbacher.

Das geruchslose Gas ist mit einem Duftstoff versetzt

Anwohner wollen vor der Explosion Gasgeruch wahrgenommen haben. Erdgas selbst ist geruchlos. Es wird deshalb mit dem Duftstoff Tetrahydrothiophen (THT) versetzt.

Der typische Geruch nach faulen Eiern soll Menschen warnen und veranlassen, die Fenster zum Lüften zu öffnen und den zuständigen Versorger zu informieren. Bei hoher Gaskonzentration in einem geschlossenen Raum reicht es, einen Lichtschalter zu betätigen. Schon ein Funke kann die Explosion auslösen.

„Bei uns geht es morgen weiter mit der Spurensuche“, sagte Bernd Stapfner, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, am Sonntag. Heute werden die Experten des Bayerischen Landeskriminalamtes erwartet.

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