Olympia der Bayern

von Redaktion

Fingerhakeln, Sautrog-Rennen & Co. – das sind unsere kultigsten Sportarten

Die Kür unter Schnupfern: Wer niest, verliert. © Vogl/dpa

Das Team „Die Bierseeligen“ fahren mit dem Sautrog über den Unterschleißheimer See. © Gerald Förtsch

Schweiß und Blut: So endet das Fingerhakln zwischen den Schwergewichten Josef Utzschneider (links) und Michael Grasegger. © Thomas Sehr

München – Die ganze Welt schaut auf die Olympischen Spiele nach Frankreich. Aber auch in Bayern haben im Sommer die urigsten Wettkämpfe überhaupt Saison. In der Luft, im Wasser und zu Land – so kultig sind die Disziplinen bei der bayerischen Olympiade.

■ Mann gegen Mann beim Fingerhakeln

Das Fingerhakeln ist die Nummer 1 unter den bayerischen Sportarten. Die Wurzeln der Tradition liegen im Alpenraum des 16. Jahrhunderts. Angeblich wurden so früher Meinungsverschiedenheiten ausgetragen. Die Streitparteien versuchten sich aus reiner Mittelfingerkraft über den Tisch zu ziehen – ja, genau daher kommt die Redewendung.

Spätestens seit 1953, mit der Gründung der Schlierachgauer Fingerhakler in Hausham, ist Fingerhakln als Volkssport im Freistaat etabliert. Samt strenger Regeln – sogar der Kampftisch ist genormt. Nicht nur Körperkraft, auch Technik und Schmerzresistenz sind gefragt, wenn das Kommando „Beide Hakler – fertig – zieht!“ fällt. So war das auch wieder am Sonntag bei den 45. Alpenländischen Meisterschaften in Garmisch-Partenkirchen. Über Spitzenergebnisse durften sich Korbinian Fischer aus Bad Kohlgrub im Halbschwergewicht und Josef Utzschneider aus Ohlstadt im Schwergewicht freuen. Die 69. Bayerische Meisterschaft wird am 8. September ausgehakelt.

■ Auf die Plätze, fertig, Masskrug hoch!

Auch diese Sportart macht das Bierzelt zur Arena. Aber die Wettkampfregeln beim Masskrugstemmen sind deutlich einfacher. Jeder Teilnehmer muss einen vollen Bierkrug mit ausgestrecktem Arm auf Schulterhöhe halten. Irgendwann beginnt der dann ordentlich zu zittern, immer mehr Bier schwappt über den gläsernen Rand. Derjenige, der diese Tortur am längsten durchhält, gewinnt. Prost!

■ Rustikale Regatta im Sautrog

Beim Sautrog-Rennen der Wasserwacht Lohhof am Unterschleißheimer See war das Absaufen am Samstag ausdrücklich erwünscht. Immerhin ist die recht junge Sportdiszipin gerade deshalb saulustig für alle Zuschauer. In selbstgebauten, rechteckigen Kästen mit Griffen stechen die Kontrahenten auf Dorfweihern in See und paddeln um den Sieg.

Der Begriff Sautrog meint streng genommen keinen Futtertrog für Schweine, sondern den Brüh- oder Brenntrog, der früher bei Hausschlachtungen zum Abbrühen der geschlachteten Tiere verwendet worden ist. Bisher gibt es zwar keine Hinweise, dass Sautrog-Rennen schon im von den Römern besetzten Bayern veranstaltet worden sind. Aber warum hätten Kinder im Dorf nicht im Brühtrog über ihren Weiher schippern sollen, in Zeiten, in denen es wenig bis gar kein Spielzeug gab?

Seit den 1980er-Jahren nutzen Vereine die rustikale Regatta vermehrt als wirksames Werbemittel für ihre Feste. Die Schützengesellschaft Hubertus in Eglharting bei Ebersberg veranstaltete etwa 1988 ihr erstes Sautrog-Rennen, wobei laut Chronik „die Lachmuskeln der Zuschauer überstrapaziert wurden“.

■ Wilde Sprungkünste im Dirndl

Bikini und Badehose sind beim Dirndlspringen verboten. Hier wird nur im Dirndl vom Ein-, Drei- oder Fünf-Meter-Brett gesprungen. Teilnehmen dürfen aber Weiblein und Männlein. Die recht junge Sportart verbreitet sich seit den 1990er-Jahren im österreichischen und bayerischen Alpenraum.

Mit wehendem Rock, Rückwärtssalto und mehr oder weniger filigranen Flugfiguren soll die Jury überzeugt werden. Die männlichen Teilnehmer treiben – wie am Samstag beim Mittenwalder Dirndlspringen am Lautersee – die Gaudi so weit, dass sie mit einem Dekolleté aus Luftballons antreten.

■ Wettbewerb für den Schmeizler

Fünf Gramm Schnupftabak, 60 Sekunden Zeit und möglichst nicht krümeln: Wer bei einer Schnupfmeisterschaft siegen will, musste nicht nur schnell sein, sondern auch sauber arbeiten. Denn für beides gibt es Punkte. Es geht nicht um Genuss, es geht um geschicktes Stopfen. So streng sind die Regeln – nicht nur bei der Deutschen Schnupfmeisterschaft, die am Samstag stattgefunden hat, sondern auch bei der diesjährigen Weltmeisterschaft am 14. September in Luzern.

Die meisten professionellen Schmalzler kommen aus Bayern, Baden-Württemberg und dem Alpenraum. Und die Punktrichter schauen ihnen nicht nur auf die Nase, sondern auch auf die Hände. Der Tabak darf nur mit einem oder zwei Fingern gleichzeitig aus der Dose geschnupft werden. Der Clou: Athleten, die niesen, sind disqualifiziert.
CORNELIA SCHRAMM

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