Der Wolf breitet sich immer mehr aus. In Bayern gibt es derzeit sechs Rudel. © dpa
München – Der furchtbare Anblick steckt Sandra Höferer auch noch nach zwei Jahre in den Knochen: „Bei uns sind neun Kälber über die Wand gesprungen, sie sind 900 Meter gehetzt worden. Vermutlich vor einem großen Beutegreifer sind sie voller Panik durch drei Zäune gebrochen und dann ungebremst über die Wand runtergesprungen“, berichtet die Bergbäuerin aus Schleching (Kreis Traunstein). Zwei Jahre liegt das Drama an der Zellerwand zurück, doch die Kreisbäuerin wird das Bild nicht los. Der Täter: vermutlich ein Wolf.
In einem sechsminütigen Film, den die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbauern, in der der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern und der Alpwirtschaftliche Verein Allgäu mit dem Bayerischen Bauernverband zusammengeschlossen sind, gestern in München vorgestellt hat, kommen die Besitzer der Tiere zu Wort. Unter dem Titel „Der Wolf kehrt zurück“ berichten Almbauern erschüttert über Schafe, Ziegen und Kälber, die mit aufgerissenem Bauch oder abgerissenen Haxen auf ihren Almwiesen lagen. In der derzeit aufgeheizten Debatte über die bayerische Wolfsverordnung (siehe Text unten) wollen die Bauern mit dem emotionalen Film zeigen, dass es den Landwirten bei weitem nicht nur um einen finanziellen Schaden geht. Almbauern können nachts nicht mehr schlafen, weil sie um ihre Tiere fürchten. Bauernpräsident Günther Felßner mahnte: „Die Weidehaltung und die Almwirtschaft in Bayern sind durch die Ausbreitung des Wolfs massiv gefährdet.“ Das bedrohe auch den Tourismus. Die Bauern treibe die Sorge um, dass ihre Kinder die Almwirtschaft nicht weiterbetreiben werden. „Ich züchte meine Tiere nicht, damit sie vom Wolf gerissen werden“, sagte Josef Glatz, Vize des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern.
Die Bauern wollen einen konstruktiven Dialog mit Naturschützern, Behörden und der Politik. Sie bieten das Eingeständnis: „Wir wissen, der Wolf wird dauerhaft in Deutschland sein.“ Doch der Schutzstatus muss laut Bauernpräsident Felßner überprüft werden. Jedes Jahr wachse die Wolfspopulation um 30 Prozent. Mit Schutzzäunen und Herdenhunden sei den Almbauern nicht geholfen. Es brauche ein echtes Management, das auch den Abschuss von Wölfen vorsieht. Im Film sagt der Schweizer Biologe Marcel Züger aus Graubünden, dass es in der kleinen Schweiz schon 30 Rudel gebe. Er rechnet mit bis zu 200 in der Zukunft. „Auch in Bayern werden die Wölfe massiv zunehmen.“ Die Gesellschaft wolle, dass Nutztiere im Freien gehalten werden, mahnte Felßner. Aber: „Dem läuft die massive Ausbreitung des Wolfs entgegen.“
CM
Den kompletten Film
gibt es auf Youtube unter https://youtube/0g9Kw1mWyKs.