Saeed Kamankesh ist in Germering gut integriert und arbeitet als Projektmanager. Doch ihm droht die Abschiebung in den Iran. © privat
Germering – Max Kohlhaas spürt den Fachkräftemangel schmerzlich. „Es ist schwierig für uns, Nachwuchs zu finden“, sagt der Geschäftsführer des Innen- und Markenarchitektur-Unternehmens kohlhaas*partner aus Germering (Kreis Fürstenfeldbruck). „Jemand wie Saeed ist wichtig für uns“, betont er. Saeed ist sein iranischer Mitarbeiter, der in England, Polen und Malaysia Bauingenieurwesen studiert hat und seit fast zwei Jahren für ihn als Projektmananger arbeitet.
Saeed Kamankesh ist 2020 vor dem iranischen Regime nach Deutschland geflohen und hat Asyl beantragt. Im Frühjahr 2021 wurde sein Asylgesuch abgelehnt, dagegen hat der 36-Jährige geklagt – und wartet seitdem auf eine richterliche Entscheidung. In Fürstenfeldbruck fühlt er sich längst zu Hause. „Heimat ist da, wo ich frei bin und mir ein Leben aufbauen kann“, sagt er. Für seine Zukunftspläne spiele der Iran keine Rolle mehr. Das Regime dort hatte Wind bekommen von seiner kritischen Haltung. Als dann noch in seine Wohnung eingebrochen wurde und sein Laptop und seine Papiere geklaut wurden, sei ihm klar geworden, dass sein Leben in Gefahr ist. Er bezahlte 6000 Euro an Schleuser, die ihn versteckt in einem Lkw nach Deutschland brachten.
Die Schutzquote für iranische Asylbewerber liegt laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge derzeit bei 28,7 Prozent. Im vergangenen Jahr haben in Bayern 975 Menschen aus dem Iran erstmals einen Asylantrag gestellt, zwischen Januar und Ende Mai dieses Jahres waren es 290. Seit Januar werden in Bayern wieder vermehrt Menschen in den Iran abgeschoben.
Saeed Kamankesh ist ein klassisches Beispiel für einen hoch qualifizierten Migranten, der Deutschland eigentlich im Kampf gegen den Fachkräftemangel helfen könnte. Aber: Er ist über den Asylweg nach Deutschland gekommen, ein „Spurwechsel“ hin zur Arbeitsmigration ist laut Bundesinnenministerium grundsätzlich nicht vorgesehen. Hintergrund sei das Interesse des Staates, die Zuwanderung zu steuern. Nur bei gut integrierten Geduldeten – also bei abgelehnten Asylbewerbern, die sich unter anderem selbst ihren Lebensunterhalt durch eine Beschäftigung sichern können – kann von diesem Grundsatz abgewichen werden. Ein solcher „Spurwechsel“ soll aber die Ausnahme bleiben, so das Ministerium: „Denn er würde das Signal senden, die bestehenden Einreisebestimmungen zu umgehen und über erkennbar erfolglose Asylanträge den Weg in den Aufenthalt zu Arbeitszwecken zu ermöglichen.“
Für Arbeitgeber Max Kohlhaas bedeutet dieses starre System ein unternehmerisches Risiko. Damit Saeed Kamankesh für ihn arbeiten kann, brauchte es einen unbefristeten Arbeitsvertrag. „Ich musste also in Vorleistung gehen – und im schlimmsten Fall darf Saeed nicht bleiben“, sagt Kohlhaas. Auch Dienstreisen ins Ausland seien nicht gestattet. Kohlhaas wünsche sich hier mehr Verbindlichkeit vonseiten des Staates. Saeed sei menschlich wie fachlich ein hervorragender Mitarbeiter.
Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist ein nicht unerheblicher Teil der Asylsuchenden hoch qualifiziert – hier stechen vor allem Menschen aus dem Iran und Venezuela hervor: Rund 83 Prozent beziehungsweise 78 Prozent von ihnen, die Angaben zu ihrem Bildungsstatus gemacht haben, haben einen hohen Schulabschluss, vergleichbar mit dem deutschen Abitur. 46,3 beziehungsweise 40,5 Prozent hatten einen Hochschul- oder Universitätsabschluss.
Seit fast drei Jahren wartet Saeed Kamankesh auf eine richterliche Entscheidung, ob die Ablehnung seines Asylantrags rechtens war. Juristischen Beistand bekommt er von einer Anwältin. Bleibt die Ablehnung bestehen, könnte er abgeschoben werden – auch wenn er ein Kandidat für einen Spurwechsel wäre. Besonders weil er in Germering gut integriert ist. Dort hilft er inzwischen auch bei der Integration von Flüchtlingen.
EPD