München/Augsburg – Wird aus MVV und AVV ein SBVV – fusionieren also der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) und der Augsburger Verbund AVV zu einem großen Südbayerischen Verkehrsverbund? Der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) hat am Wochenende erste Pläne öffentlich gemacht. MVV und AVV haben Verhandlungen begonnen, bestätigt das bayerische Verkehrsministerium auf Anfrage. Der Freistaat als Gesellschafter des MVV beobachte „den Fortgang der Gespräche“.
Es wäre ein Riesen-Verbund: Zu den aktuell zehn Landkreisen und zwei Großstädten (München und Rosenheim) kämen drei Landkreise und eine Großstadt hinzu. Wenn es mit dem Beitritt von Landsberg und Weilheim-Schongau klappt, hätte der neue Verbund sogar 4,6 Millionen Einwohner und wäre über 13 000 Quadratkilometer groß. Er könnte sogar noch größer werden, denn auch der AVV plant eine Erweiterung. Bereits 2021 wurde eine Studie in Auftrag gegeben, den Rest des Landkreises Dillingen sowie den Landkreis Donau-Ries an den AVV anzuschließen. Ein Ergebnis wird noch in diesem Jahr erwartet, betont das bayerische Verkehrsministerium auf Anfrage. „Ein Verbundbeitritt wäre dann zum 1. Januar 2026 möglich.“
MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch zählt zu den Befürwortern des Plans. Er nennt drei Gründe, warum die Zusammenlegung sinnvoll wäre. Erstens bestehen zwischen München und Augsburg die dichtesten Verkehrsverflechtungen. Täglich pendeln bis zu 70 000 Menschen hin und her. Zweitens fehlt für die sogenannten Wenignutzer, also Gelegenheitsfahrer ohne Deutschlandticket, ein gemeinsamer Tarif, der Bus und Bahn in München und Augsburg umfasse. Mit einem MVV-Ticket von Kiefersfelden bis Dillingen, von Weilheim bis Friedberg – das wäre dann möglich. Drittens seien die Verbünde sehr ähnlich. wie beim MVV gibt es auch beim AVV einen Zonenplan. Die Gesellschafter sind analog zum MVV die Landkreise und die Stadt Augsburg. Rosenbusch ist daher überzeugt: „Das kann was werden.“
Allerdings ist die große Frage: Wer zahlt‘s? Wenn die Fahrkarten billiger werden, dann muss jemand die Verluste der Verkehrsunternehmen, also Bahnen und Busse, übernehmen. Durchtarifierungsverluste nennen das die Experten. Der Freistaat bremst aber. „Diese Kosten wären von den Gesellschaftern der Verbünde zu tragen.“ Der Freistaat ist nur ein Gesellschafter, aber nicht der einzige. Und das Förderprogramm des Freistaats umfasst nur die Integration von Landkreisen, die bisher keinem Verbund angehören und erstmalig beitreten. Eventuell müssten die Landräte mit Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) einen Extra-Deal aushandeln.
Jeder Kreistag soll einzeln zustimmen, fordert ein Abgeordneter
Hinzu kommt, dass sich MVV und AVV vereinheitlichen müssten. Investitionen in eine gemeinsame IT, in einheitliche Fahrgastinfo und ein einheitliches Automatensystem sind notwendig. Im Moment zum Beispiel sind die Fahrkarten des AVV breiter und passen nicht in die Stempel-Automaten des MVV. Rosenbusch hält das für überwindbare Detailprobleme. Etwas skeptischer ist der Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler. Er hält die Einbindung von bisher verbundfreien Landkreisen eigentlich für das drängendere Problem. „Fast ganz Niederbayern gehört keinem Verkehrsverbund an, da ist der Freistaat im Schneckentempo unterwegs.“ Bei einer MVV-/AVV-Fusion prophezeit Büchler schwierige Diskussionen in den kommunalen Gremien. Das habe sich schon bei der Abschaffung der MVV-Ringe und der Einführung des Zonen-Systems vor fünf Jahren gezeigt. Und natürlich müsse jeder einzelne Kreistag so einer Groß-Fusion zustimmen, sagt Büchler, der im Landkreis München auch Kreisrat ist. Dass allein der Landrat oder Oberbürgermeister nach eigenem Gutdünken in der Gesellschafterversammlung entscheide, sei zu wenig.
Demnach wäre es sogar möglich, MVV und AVV bereits Ende 2025 zu einem Groß-Verbund zusammenzulegen. MVV-Chef Bernd Rosenbusch hält diesen straffen Zeitplan für möglich, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und aufwendige Extra-Erhebungen zu Vertriebsdaten unterlassen werden.
DIRK WALTER