Früh übt sich: Auch die Kinder der Landwirte sind mitgewandert, und zwar fesch in Tracht. © Dominik Bartl
Die Karawane zieht weiter: Heuer haben die Almbauern nach Oberammergau an den Laber geladen. © Dominik Bartl
Schulterschluss nur für‘s Foto: Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) posieren auf der Hauptalmbegehung mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne, rechts). © Uwe Lein/dpa
Oberammergau – Nach jahrelanger Debatten um die von Wölfen ausgehende Gefahr für Alm- und Weidewirtschaft droht ein Schwarzer-Peter-Spiel zwischen dem Bund und Bayern: Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will Schnellabschüsse von Wölfen ermöglichen, doch die Münchner Staatsregierung fordert ein weitergehendes Einlenken des Bundes. Ihr Ziel ist es, den Bestand der Wölfe künftig durch Bejagung zu regulieren.
Gestern, bei der diesjährigen Hauptalmbegehung, prallten Vertreter der beiden Standpunkte aufeinander. Bayern gegen den Bund hieß es in Oberammergau im Kreis Garmisch-Partenkirchen. Der Almwirtschaftliche Verein Oberbayern hatte dieses Jahr an den Laber geladen. Lemke kam, genau wie Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Beide Seiten forderten in Sachen Wolf ein Einlenken von der jeweils anderen Seite.
Alles hängt derzeit an der regierungsamtlichen Feststellung, dass der Wolf sich in Deutschland in einem „günstigen Erhaltungszustand“ befindet. Nach bayerischer Auffassung ist es die Voraussetzung, die das bürokratische Prozedere vor dem Abschuss von Wölfen weniger aufwendig machen könnte.
In ihrer Ansprache vor den Bauern betonte Lemke, dass sie allen helfen wolle, die wegen der Rückkehr der Wölfe um ihre Existenz fürchten. Das Bundesumweltministerium habe deshalb eine sogenannte Schnellabschussregelung auf den Weg gebracht. „Ich fordere die Bundesländer energisch auf, diese Schnellabschussregelung zu nutzen. Sie können das, Sie müssen es nur machen.“ Sie könne den „guten Erhaltungszustand“ des Wolfs morgen nach Brüssel melden. „Dafür brauche ich die Zustimmung Bayerns. Das ist die Zustimmung, die fehlt mir seit mehreren Monaten.“
Wirtschaftsminister Aiwanger entgegnete, es sei seines Wissens in Deutschland noch kein einziger Wolf auf Grundlage dieser Regelung geschossen worden. „Jeder Richter stoppt jeden Abschuss.“ Grund der bisherigen bayerischen Nichtzustimmung zum „guten Erhaltungszustand“ sei, dass dieser nicht für das ganze Bundesgebiet gelten soll, sondern nur für einige Bundesländer – ohne Bayern. „Lenken Sie ein“, forderte Agrarministerin Kaniber von Lemke. „Wir brauchen endlich eine Möglichkeit, ein Bestandsmanagement zu leisten, denn die Population der Wölfe in Deutschland und in Europa nimmt rasant zu.“
Kaniber berief sich auf Zahlen des Deutschen Jagdverbands, wonach die Zahl der Wölfe in Deutschland jährlich um 40 Prozent wächst. „Wir verlieren das Gesicht der Alpen, wir verlieren das Gesicht Bayerns und damit natürlich auch die Grundlage unserer Heimat.“
Die Stimmung unter den Bauern ist aufgeheizt. Eine Rückkehr der Wölfe bedeute das Ende der Almwirtschaft, warnte Landwirt Klement Fend. Der Schutz der Tiere durch Zäune sei nicht möglich. Eine Lösung müsse her: „Wenn nicht mit dem Naturschutz, dann gegen den Naturschutz.“ Von den Kommunalpolitikern bekamen die Almbauern Rückendeckung: „Wir wollen den Wolf nicht ausrotten“, sagte Oberammergaus Bürgermeister Andreas Rödl (CSU). „Aber hier hat er keinen Platz.“