Wenn andere sich abkühlen, behält Nathalie Mayr den Überblick. © Stadtwerke Dachau
Dachau – Nathalie Mayrs Arbeitstage sind gerade alles andere als langweilig. Im Gegenteil. Im Dachauer Freibad ist es voll. Für die 21-Jährige und die anderen Schwimmmeister gibt es jede Menge zu tun. Um 10 Uhr öffnen sie die Pforten. „Und schon ein paar Minuten später sind an heißen Tagen alle Liegen belegt und die Becken voll“, sagt Mayr. Ihre Schicht geht sieben Stunden – das bedeutet sieben Stunden volle Konzentration. Sie muss die Badegäste im Wasser immer im Blick haben. Gleichzeitig sind sie und ihre Kollegen dafür verantwortlich, dass es auf den Sprungtürmen kein Gerangel gibt, sie verarzten Wespenstiche und manchmal müssen sie auch Besucher ärztlich versorgen, die wegen der Hitze Kreislaufprobleme bekommen. Schwimmmeister sein heißt so viel mehr als am Beckenrand stehen und hin und wieder mit der Trillerpfeife trillern.
Die Ausbildung dauert drei Jahre und ist anspruchsvoll. Und dabei geht es um viel mehr als Wasserrettung, berichtet Nathalie Mayr. Schwimmmeister sind auch für die Technik und die Wasserqualität im Bad verantwortlich. Sie müssen Wasserfilter warten, pH- und Chlorwerte überprüfen, Zählerstände notieren. Manchmal ärgert sich die 21-Jährige darüber, wie häufig diese Arbeit unterschätzt wird. „Es gibt so viele Klischees, die nicht stimmen“, sagt sie.
In Dachau sind die Öffnungszeiten seit einigen Wochen eingeschränkt, weil es zu wenige Schwimmmeister gibt. Und das Problem haben auch viele andere Bäder. Der Beruf hat ein Nachwuchsproblem. Bundesweit fehlen rund 2500 Fachkräfte. Rund tausend Bäder müssen deshalb den Betrieb einschränken – trotz Sommerferien und Traumwetter.
Die Stadtwerke Dachau sind froh, dass sie Nachwuchskräfte wie Nathalie Mayr gefunden haben. Auch wenn natürlich auch dort noch mehr Schwimmmeister gebraucht werden könnten. Die 21-Jährige kann nicht verstehen, warum sich immer weniger junge Menschen für diesen Beruf entscheiden. Klar sei es viel Verantwortung, sagt sie. „Aber man ist ja Teil eines Teams und nicht allein damit.“ Viele finden den Beruf unattraktiv, weil man besonders dann viel arbeiten muss, wenn das Wetter schön ist. Nathalie Mayr kann das nicht verstehen. „Schließlich können wir Schwimmmeister an schönen Tagen ja immer draußen sein und müssen nicht an einem Schreibtisch sitzen“, sagt sie. Natürlich würde sie an heißen Tagen selbst gerne ein paar Bahnen schwimmen, statt anderen nur dabei zuzuschauen. Aber manchmal macht sie das einfach nach Schichtende, berichtet sie. Und gute Laune kann auch ansteckend sein, wie sie betont. „Die Menschen sind im Freibad wie im Urlaub: Die Stimmung ist eigentlich immer gut, es wird viel gelacht.“ So eine schöne Arbeitsatmosphäre haben schließlich nicht viele Menschen, findet Nathalie Mayr.
Natürlich gibt es auch in ihrem Berufsleben fordernde Tage, sagt sie. Gerade als junge Schwimmmeisterin muss sie sich den Respekt gelegentlich erst erkämpfen. „Es ist wichtig, wie man etwas sagt“ – das hat sie schnell gelernt. „Man muss freundlich und geduldig bleiben. Auch wenn es immer dieselben sind, die man auf etwas hinweisen muss. Oder wenn eine unfreundliche Antwort zurückkommt.“ Als Mayr noch ganz neu in ihrem Job war, hat sie sich pampige Antworten häufig zu sehr zu Herzen genommen, berichtet sie. Das hat sich inzwischen geändert. „Auch dank meiner Kollegen. Sie haben mir geholfen, selbstbewusster zu werden.“ Auch das liebt sie an ihrem Beruf: dass er einem die Chance gibt, über sich hinauszuwachsen.
Manchmal, wenn Nathalie Mayr zu Beginn ihrer Schicht ins Bad kommt, wird sie von einigen Stammgästen mit einem Lächeln begrüßt. „Einige von ihnen danken mir abends auch mal für meine Arbeit“, erzählt sie. Dass sind die Momente, in denen sie ganz sicher ist, dass sie sich für den richtigen Beruf entschieden hat. Und wenn sie es dann noch schafft, nach Schichtende selbst ein paar Bahnen zu schwimmen, war es ein perfekter Arbeitstag.