DER URLAUB MEINES LEBENS

Verliebt in Italien

von Redaktion

Brigitte Renner-Nagelmüller hat mit 19 ein Abenteuer gewagt

Die ganze Clique am Strand von Rimini. Die 19-Jährige verliebte sich damals in einen jungen Juristen.

1961 in Rimini: Renner-Nagelmüller am Meer.

Ihr erster großer Urlaub: Brigitte Renner-Nagelmüller (links) mit den anderen Mädels am Strand von Rimini. © privat (3)

Dorfen – Ihren unvergesslichsten Urlaub verdankt Brigitte Renner-Nagelmüller ihrem Vater. Denn ohne seine Hilfe hätte sie 1961 nicht nach Rimini reisen können. Eigentlich hatte sie ja auch etwas ganz anderes geplant. „Ich war gerade mit meiner Lehre als Versicherungskauffrau fertig und wollte mit einer Freundin mit dem Zug an den Waginger See fahren. Wir waren voller Vorfreude“, erzählt sie. Die ganze Reise hätte mit Verpflegung und Unterkunft 150 Mark gekostet, erinnert sie sich. Dafür hatte sie lange gespart. Doch dann legten die Eltern ihrer Freundin ein Veto ein – denn sie fanden, dass 19 zu jung sei, um allein wegzufahren. „Ich war so enttäuscht“, sagt Renner-Nagelmüller. „Ich wollte unbedingt in den Urlaub fahren.“

Dann kam ihr der Zufall zu Hilfe. Sie las in der Zeitung von einem Internationalen Jugendaustausch, bei dem noch Mitfahrer nach Rimini gesucht wurden. 14 Tage sollten 300 Mark kosten – also doppelt so viel, wie in ihrer Urlaubskasse war. Ihr Vater merkte, wie traurig sie war – und nahm einen Kredit für sie auf. „Meine Eltern hatten damals nicht viel Geld, wir waren drei Kinder“, erzählt sie. „Das war unglaublich, dass er das für mich getan hat.“ Es wurde der Urlaub ihres Lebens.

„Ich war so aufgeregt, Italien war mein Sehnsuchtsland“, erinnert sie sich. Fleißig übte sie zu Hause in Koblenz, Spaghetti mit Gabel und Löffel zu essen, damit sie sich nicht blamierte. Doch die Probleme gingen schon los, lange bevor sie Rimini erreicht hatte. Denn sie traf die anderen Jugendlichen in München – im Hofbräuhaus zum Weißwurstessen. Darauf hatte sie sich nicht vorbereitet. In Unkenntnis der bayerischen Gepflogenheiten aß sie die Weißwurst mit Haut. „Ich konnte danach sehr lange keine Weißwürste mehr sehen“, sagt sie und lacht.

Weiter ging ihr Abenteuer im Nachtzug nach Rimini. Holzklasse. Es war unbequem, die nächtliche Kontrolle an der Grenze dauerte ewig. „Aber das war alles egal, Hauptsache, der Zug brachte uns nach Italien.“ Als sie dort ankam, hatte Brigitte Renner-Nagelmüller längst Freunde gefunden.

Die Jugendlichen wohnten in der kleinen Pension Villa Lidia. Sie verbrachten gemeinsam einen Traumurlaub. Die Tage am Strand hat sie nie mehr vergessen. Vielleicht auch, weil sie sich in diesem Urlaub in einen sehr gut aussehenden Jura-Studenten aus der Gruppe verliebte. Und der sich in sie. Sie kehrte nach zwei Wochen braungebrannt und überglücklich nach Koblenz zurück. Die Beziehung hielt danach nicht lange, der junge Mann lebte in Bonn. Auch zu den anderen Jugendlichen brach nach und nach der Kontakt ab. Aber ihre Liebe für Italien hielt ein Leben lang.

Heute ist Brigitte Renner-Nagelmüller 81 und lebt in Dorfen im Landkreis Erding. Wie oft sie seit damals in Italien war, kann sie nicht zählen. Mit ihrem Mann und Freundinnen hat sie das ganze Land bereist. Die Sehnsucht ist immer noch nicht gestillt, sagt sie und lacht. Noch immer entdeckt sie Regionen, in die sie sich verliebt. Italienisch zu sprechen habe sie leider nie gelernt, verrät sie. Dafür aber etwas anderes: Weißwurst essen. „Als ich nach vielen, vielen Jahren mal wieder eine Weißwurst probierte, war ich unglaublich überrascht, wie gut sie schmecken kann.“
KATRIN WOITSCH

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