DAS PORTRÄT

Pflege-Initiative für die Nachbarschaft

von Redaktion

Jobst Münderlein aus Unterhaching und sein Vater Helmut.

Jobst Münderlein aus Unterhaching pflegt seinen 95-jährigen Vater. Und er setzt sich dafür ein, dass pflegende Angehörige entlastet werden. Dazu hat er die Initiative „Nächstenpflege im Fasanenpark“ gegründet, die auch für andere Kommunen ein Vorbild sein könnte.

Helmut Münderlein ist 95 Jahre alt und leidet an Demenz. Ohne Hilfe könnte er nicht mehr in seiner Wohnung in Unterhaching im Kreis München leben. Jeden Morgen kommt der Pflegedienst für zehn Minuten. Aber das reicht nicht. Münderlein braucht Hilfe beim Putzen, beim Kochen – und auch jemanden, der mit ihm spazieren geht. Aber er hat Glück: Er hat einen Sohn, der sich um ihn kümmert. Jobst Münderlein kaufte nach dem Tod seiner Mutter die Wohnung über der seiner Eltern, um immer für seinen Vater da sein zu können. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt, ich will etwas zurückgeben“, sagt er.

Nur: Bei der Pflege kommt er an seine Grenzen. Deshalb hat er sich vergangenes Jahr für die ambulante Pflege entschieden. Zeitgleich kam ihm eine Idee. Pflegende Angehörige müssten sich unterstützen können, dachte er sich. Und gründete eine Pflegeinitiative im Quartier. „Nächstenpflege im Fasanenpark“ heißt sie. Angelehnt ist sie an ein Pilotprojekt aus Landsberg, das Münderlein bei seiner Recherche entdeckte. Dort unterstützen geschulte Laien ältere Menschen aus der Nachbarschaft. Für ein kleines Honorar übernehmen die Helfer leichte Pflegeaufgaben und entlasten Angehörige. Gleichzeitig stärke das Projekt die nachbarschaftliche Gemeinschaft, sagt er. Und es ergänzt die Arbeit der Pflegekräfte.

Seit der Pflegedienst seinem Vater hilft, hat Jobst Münderlein Zeit, sich in der Nachbarschaft zu engagieren. Regelmäßig schaut er nach einem älteren Ehepaar ein Stockwerk tiefer. Für eine Photovoltaikanlage hat er sich eingesetzt. Und Weihnachten will er für alle Pflegekräfte ein Fest organisieren. „Sie gehören zu uns.“ Ein erstes Treffen für pflegende Angehörige hat er bereits Anfang des Jahres organisiert. „In unserem Ortsteil gibt es keine Unterstützungsstrukturen.“ Die einzige Anlaufstelle sei die Nachbarschaftshilfe Taufkirchen-Unterhaching. Viele Menschen könnten die Angebote aber nicht nutzen, weil sie nicht kommen oder nichts davon wissen. Bei einer Quartierspflege sind die Hürden viel geringer, denn die nachbarschaftlichen Helfer wohnen ja direkt nebenan. „Sie würde in vielen Kommunen in Bayern zur Entlastung des Systems beitragen.“ Nicht zuletzt weil pflegende Angehörige so entlastet würden, dass sie wieder arbeiten könnten.

Zurzeit testet Münderlein mit seinem Vater eine Tagesbetreuung. Wenn das drei Tage die Woche klappen würde, könnte er auch wieder arbeiten. Nach seinen ersten Hilfetreffs haben sich acht Leute bei ihm gemeldet, die bereit wären, sich nach einer Schulung um Helmut Münderlein zu kümmern. Das Entlastungsgeld für die nachbarschaftlichen Pfleger zahlt die Pflegeversicherung. Die Anschubfinanzierung müsste aber von der Gemeinde kommen.
CARINA OTTILLINGER

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