Simon Höllrigl, Deutsche Polizeigewerkschaft.
Yagiz Guney hat einen Laden neben dem Tatort. © Limmer
Die Leiche der 31-Jährigen wurde am Montagabend abtransportiert und obduziert. © Vifogra
Eine Waffe dieses Typs kam im Penny-Supermarkt zum Einsatz. © Matthias Balk/dpa
Großeinsatz beim Penny an der Implerstraße nach den tödlichen Schüssen zweier Polizisten auf eine aggressive 31-Jährige. © Vifogra
Der Penny in der Implerstraße am Tag nach dem Drama: Auf den Kassenbändern und am Boden liegen Waren und Taschen der Kunden. „Alle wollten ja schnell raus“, sagt uns ein leitender Mitarbeiter der Filiale. Am Montagabend gegen 18.50 Uhr spielte sich hier in Sendling der blanke Horror ab. Mit dem tragischen Ende, dass zwei Polizisten auf eine 31-Jährige schossen, die die Beamten zuvor mit einem Messer attackiert hatte – und sie tödlich trafen (wir berichteten).
Gestern wurden weitere Details bekannt. Das Unglück begann am Goetheplatz, als die 31-Jährige in einen handfesten Streit mit einem Mann geriet und anschließend mit der U-Bahn zur Implerstraße floh. Eine Augenzeugin verfolgte sie und rief die Polizei, nachdem die Frau den Supermarkt betreten hatte. Das war um 18.40 Uhr. Nur zehn Minuten später waren zwei Streifen vor Ort, je mit zwei männlichen Polizeibeamten der Inspektionen 11 und 14 besetzt. Ein Routineeinsatz, so schien es zunächst.
Im hinteren Teil des Discounters stellten die Beamten die Frau zur Rede. Plötzlich zückte diese ein Küchenmesser mit relativ kurzer Klinge. „Messer weg!“, riefen die Polizisten und setzten auch Pfefferspray ein. Ohne Wirkung. Als sich die Frau bis auf rund zwei Meter genähert hatte, schossen die beiden Beamten der Polizeiinspektion 11 insgesamt viermal auf die Frau. Sie starb noch vor Ort.
Wie konnte das passieren? Vier männliche Polizisten gegen eine 31-Jährige mit einem Küchenmesser? Die Situation sei „hochdynamisch“ gewesen, so ein Polizeisprecher. Und auch Messer mit relativ kurzer Klinge könnten tödliche Waffen sein. Zudem: Die Einsatzlage lautete ursprünglich „Körperverletzung am Goetheplatz mit anschließender Flucht per U-Bahn“. Niemand konnte voraussehen, dass die Situation so dramatisch eskalieren würde. Man trainiere zwar Selbstverteidigung, aber für so eine Ausnahmesituation brauche man „andere Fähigkeiten“, so der Pressesprecher. Und wohl auch andere Waffen: Pfefferspray wirke nicht auf jeden gleich, und Elektroschock-Pistolen hatten die Polizisten nicht.
Nun ermitteln die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt, ob der Schusswaffengebrauch rechtmäßig war. Die Beamten wurden vor Ort psychologisch betreut, die Angehörigen der Toten informiert. Gestern wurde die Leiche obduziert, nähere Informationen hierzu gab es bis zur Drucklegung dieser Ausgabe nicht. Auch Videoaufzeichnungen aus dem Markt werden jetzt ausgewertet.
Die 31-Jährige aus dem Münchner Osten war polizeibekannt (Betäubungsmittel- und Aggressionsdelikte) und wurde bereits dreimal polizeilich untergebracht, saß dreimal in der Psychiatrie. Ob sie bei ihrer Messer-Attacke unter Drogen stand, wird die Obduktion zeigen.
München steht unter Schock. Die Polizei sagt, das letzte Mal wurde 2010 ein Mensch bei einem Polizei-Einsatz erschossen. Im vergangenen Jahr fielen insgesamt drei Schüsse aus Beamten-Waffen. Allesamt Warnschüsse in die Luft. Der Penny blieb gestern geschlossen und versiegelt, akribisch werden alle Spuren gesichert und ausgewertet. Yagiz Guney (35) betreibt direkt neben dem Penny seinen türkischen Supermarkt. Er ist entsetzt: „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas so nahe bei uns passiert.“