Bio-Essen in Kantinen: Rüffel für Kommunen

von Redaktion

Lebensmittel häufig nicht regional und hochwertig – Kaniber: keine verpflichtende Quote

In der Kantine des Landwirtschaftsministerium: Geschäftsführer Janosch Ziegler (rechts) mit Küchenchef Martin Stättmayer.

Auf den Tisch kommt zu 90 Prozent Bio: die Kantine im bayerischen Landwirtschaftsministerium. © Marcus Schlaf

München – Lichtdurchflutetes Ambiente, blitzblanke Tresen, kulinarisch ausgefeiltes Angebot mit Senfkraut und Kichererbsen aus bayerischem Anbau: Das „Kasino“ des bayerischen Landwirtschaftsministeriums ist so etwas wie die Vorzeigekantine Bayerns. Im Schnitt 91 Prozent der verarbeiteten Produkte sind bio, 25 Prozent davon auch noch regional produziert – also aus Bayern. „Wir haben eine Spitzenstellung in München“, heißt es stolz im Ministerium. Vor Kurzem landete die Kantine unter den „Top 10“ im bundesweiten „Food & Health Kantinentest“. Nur eins fehlt noch: dass andere Betriebsrestaurants in öffentlicher Hand endlich nachziehen. Es schaut bisher meist mau aus in der bayerischen Kantinenwelt mit ihrem ewigen Dreierlei aus Schnitzel, Leberkäs und Currywurst.

Deutlich wurde das zuletzt bei der Bilanz zum fünfjährigen Geburtstag des bayerischen Volksbegehrens „Rettet die Bienen“. Die Bioquote beim Lebensmitteleinkauf der öffentlichen Hand sei enttäuschend, monierten die Initiatoren kürzlich. Die Kantine des Agrarministeriums wurde dabei aber demonstrativ gelobt. Auch andere Ministeriumskantinen folgen – teilweise zögernd – diesem Beispiel, wie eine Landtags-Anfrage der Grünen vom Juni dieses Jahres ergab. Demnach verwendet die Kantine des Verkehrsministeriums beispielsweise 20 Prozent Bio-Ware. Beim Kultusministerium sind es acht Prozent, beim Umweltministerium 13 Prozent. Schlusslicht ist das Sozialministerium, wo nur fünf Prozent Bio-Ware in die Mägen bayerischer Beamter wandert. Ein von den Volksbegehren-Initiatoren in Auftrag gegebenes Gutachten sieht denn auch „eine große Notwendigkeit zur Verbesserung“.

Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) nimmt dabei vor allem die Kommunen in die Pflicht. Vor fünf Jahren hätten viele Kommunalpolitiker das Bienen-Begehren unterstützt, sagt sie unserer Zeitung. „Jetzt wäre es ein konsequenter Schritt, dem Vorbild der staatlichen Kantinen zu folgen und auch bei der Verpflegung in Kitas, Schulen und Senioreneinrichtungen auf mehr Bio und Regio umzustellen.“

Janosch Ziegler ist Geschäftsführer des Unternehmens Organic Garden, das die Kantine des Agrarministeriums betreibt. Es gibt ein paar Sonderkonditionen, die das Ministerium eingeräumt hat: Energiekosten werden übernommen, die Küchenausstattung gestellt, eine Pacht gibt es nicht. Das ist aber auch in vielen Betrieben üblich, sonst lassen sich Kantinen nicht wirtschaftlich führen.

A und O einer Bio-Kantine sei vielmehr, sich frühzeitig mit den Lieferanten abzustimmen, sagt Ziegler beim Mittagessen-Test. Zwölf Wochen im Voraus wissen die Lieferanten Bescheid, was sie wann an Organic Garden liefern sollen. „Bio-Grossisten gibt es in der Münchner Umgebung mehr als genug.“ An diesem Tag steht kalter Schweinsbraten, Bratkartoffeln und Karotten-Sahnegemüse auf dem Tisch – als eines von drei Gerichten für 6,90 Euro. So viel zahlt man auch in herkömmlichen Kantinen, wenn nicht sogar mehr. 300 bis 400 Personen kommen täglich zum Essen ins Landwirtschaftsministerium. Die Kantine steht jedem offen, externe Gäste zahlen aber drei Euro Zuschlag.

Das Fleisch an diesem Tag kommt von einem Hof aus Habach bei Passau, die Kartoffeln haben das Label „Geprüfte Qualität Bayern“, die Karotten bezieht Ziegler wie auch die Salate von einem Hof in Vaterstetten – auch seltene Sorten wie etwa Senfkraut. Die bayerischen Kichererben werden sackweise in Nordbayern besorgt. Es gebe mehr als genug davon, man müsse sich nur umschauen und nicht aus Bequemlichkeit in die Metro fahren, meint Ziegler. Tiefkühlware vermeidet Organic Garden, die auch in zehn Schulküchen, teils von Privatschulen, kochen. Auch „Ready-Cuts“ sind ein „No-Go“ – gemeint sind vorgeschnittene Karotten oder Kartoffeln. „Viele Kantinen sind dazu gezwungen, weil ihnen das Personal fehlt.“

Die Frage ist, wie man dem Bio-Anteil in Kantinen einen Schub verleihen könnte. 2023 forderten die Landtags-Grünen kostenloses Bio-Essen in Grundschulen – vom Staat bezahlt, was 141 Millionen Euro kosten würde. Der Antrag scheiterte. Vor einer verpflichtenden Bio-Quote für Kantinen in staatlichen oder kommunalen Einrichtungen scheut Kaniber zurück. Sie setzt (mit überschaubarem Erfolg) auf den freiwilligen Umstieg. Immerhin: Es gibt Hilfestellungen. In jedem Regierungsbezirk gibt es ein Landwirtschaftsamt mit dem Sachgebiet Gemeinschaftsverpflegung, das auch Coachings speziell für regionale und biologische Kita- und Schulverpflegung sowie für Behörden- und Betriebsgastronomen anbietet – kostenlos.
DIRK WALTER

Für externe Gäste

ist die Kantine ab kommender Woche von Montag bis Freitag, 12 bis 14 Uhr, geöffnet.

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