Der Watzmann thront über dem Berchtesgadener Land. © kp
Utzmeiers Video zeigt, wie schmal der Grat wirklich ist.
Gratwanderung: Trailrunner Richard Utzmeier auf der Watzmann-Überschreitung. Er hält sich nicht am Seil fest und erntet dafür im Internet viel Kritik. © Screenshots: Kilian Pfeiffer (2)
Berchtesgaden – Richard Utzmeier ist seit seiner Kindheit in den Bergen unterwegs. Am liebsten daheim, in den Berchtesgadener Bergen. Seine Touren filmt der 27-Jährige mit der GoPro. Die kleine Kamera an seinem Helm filmt die Kletterei quasi aus dem Blickwinkel des Bergsteigers. Videos davon veröffentlicht Utzmeier im Internet. An die 4000 Mal wird jedes angeschaut. Nur beim letzten war das anders – das schauten 1,2 Millionen Menschen. Es zeigt Utzmeier auf dem Watzmann-Grat.
Dass sich rund um das Video eine hitzige Diskussion entwickelt, hätte Utzmeier davor nicht gedacht. „Ich kriege schweißnasse Hände beim Zuschauen“, kommentierte jemand. Denn Utzmeier geht nicht am Seil, obwohl es rechts und links von ihm steil bergab geht. „Hauptsache, es sieht wie ein Ritt auf der Rasierklinge aus“, lautet ein anderer Vorwurf. Und Utzmeier kontert: „Persönlich finde ich diese Stelle leichter, wenn man aufrecht geht, weil man sich dann nicht zum Seil runterbücken muss und dadurch sicher gehen kann.” Ein anderer Kommentator schreibt: „Ich rege mich nicht wegen dir auf, sondern denke an die Bergrettung, die unter Lebensgefahr solche Neurotransmitter-Junkies aus dem Berg pflückt.“
Utzmeier hält die Kommentare für unqualifiziert. Er hat die Überschreitung schon häufiger absolviert. Als Trail-Runner bewältigt er den Watzmann im Laufschritt. 23 Kilometer zum Watzmannhaus, aufs Hocheck, über Mittel- und Südspitze und zurück durchs Wimbachgries – die 2350 Höhenmeter schafft Utzmeier in etwas mehr als fünf Stunden. Zwölf Stunden sind normal. Sich an ihm zu orientieren, wäre fatal, meint er und warnt Nachahmer, die sich selbst überschätzen. „Die Watzmann-Überschreitung ist eine Alpintour und nur für erfahrene Bergsteiger zu empfehlen.“
Seilversichert seien nur einige Stellen. In der Vergangenheit habe der DAV sogar Versicherungen entfernen lassen – damit erst gar nicht der Eindruck entstehe, dass es sich hier um einen Klettersteig handeln könnte. „Wenn man mal bei der Überschreitung ist, sollte jeder Schritt sitzen und ausreichend Kraft vorhanden sein. Denn das ist das größte Problem: Menschen, denen die am Ende ausgeht“, sagt er. Nicht sein Video von der Überschreitung. „Ich weiß, was ich tue.“