Alfons Schuhbeck ist seit August 2023 in Haft.
Uli Hoeneß saß von 2014 bis 2016 in der JVA. © dpa (2)
Das Haupttor der JVA Landsberg.
Monika Groß leitet die JVA Landsberg. Ihr Lachen hat sie sich bewahrt. © Sigi Jantz (3)
Uli Hoeneß, Manfred Genditzki, Alfons Schuhbeck: Durch prominente Insassen in den vergangenen zehn Jahren wurde die JVA Landsberg auch bundesweit bekannt. Seit fast 18 Jahren leitet Monika Groß (62) das Gefängnis. Im Interview erklärt sie, wie der Knast mit Promis umgeht und warum die Außenstelle Rothenfeld, wo Alfons Schuhbeck aktuell einsitzt, so gemütlich ist.
Sie haben aktuell 400 Insassen in der JVA Landsberg. Wie verändert sich der Gefängnisalltag, wenn sehr prominente Häftlinge kommen?
Dass ich noch mehr arbeite als vorher, weil Medienanfragen kommen (lacht). Aber die Abläufe in der Haftanstalt verändern sich nicht. Alle Gefangenen werden gleich behandelt. Ohne Ausnahme.
Müssen prominente Häftlinge hinter Gittern manchmal geschützt werden?
Nein. Das trifft teilweise eher auf Sexualtäter zu.
Wie muss man sich das vorstellen: Ein Promi wird dann einfach in eine Viermannzelle gesteckt?
Wir haben ja verschiedene Hafträume, im Wesentlichen Einzelhafträume. Nur ein Viertel sind Gemeinschaftsräume, für bis zu vier Personen. In der Krankenabteilung ist eine Belegung mit bis zu sechs Personen möglich, was aber fast nie vorkommt.
Die Außenstelle in Rothenfeld gilt als Kloster-Knast mit Bauernhof-Atmosphäre. Stimmt das?
Es ist sehr idyllisch. Vor Ort gibt es viel Platz, Felder und Tiere, die von den Gefangenen versorgt werden. Von 101 Haftplätzen sind aktuell 27 belegt. Mit ihnen allein kann man natürlich nicht so eine große Landwirtschaft betreiben. Wir haben vier Ziegen, 873 Hühner, einen Kater, mehrere Kühe und acht Kälber. Im kleinen Innenbetrieb werden Falt- und Klebearbeitenausgeführt.
Eine andere Atmosphäre als in der Hauptanstalt.
Das Ambiente in Rothenfeld ist wunderschön. Es gibt auch einen Fitnessraum, der frei verfügbar ist. Alles ist viel lockerer. Die Hafträume sind größer und haben eher Zimmertüren, die nur nachts zugeschlossen werden. Aber manche Häftlinge kommen nie dorthin, weil sie sich nicht eignen.
Wieso?
Es hängt auch davon ab, welches Delikt jemand begangen hat und ob weitere Straftaten zu erwarten sind. Generell schauen wir uns einen Häftling drei Monate an und entscheiden dann. 18 Monate vor dem voraussichtlichen Entlasszeitpunkt wird in der Regel frühestens gelockert.
Sie sind seit Oktober 2006 Chefin der JVA Landsberg. Gab es Ausbruchsversuche in dieser Zeit?
Im Frühjahr 2007. Das war quasi mein Begrüßungsgeschenk. Ein Gefangener ist über die Wäscherei entwichen, er hatte sich verpacken lassen. 15 Monate später konnte er im Ausland festgenommen werden. Seitdem gab es keine Versuche mehr. Die Leute fühlen sich anscheinend wohl hier (lacht).
Was war Ihr schlimmstes Erlebnis in der JVA?
Wir hatten mal zwei Suizide nacheinander in zweieinhalb Tagen. Das nimmt einen schon mit. Auch die Bediensteten. In einem Fall war es ein Anwärter, der den ersten Tag im Dienst war. Zusammen mit einem Kollegen fand er den toten Häftling in der Zelle.
Was war die größte Überraschung?
Vor knapp zwei Jahren wurde der Haftbefehl eines Gefangenen aufgehoben, der zu lebenslanger Haft verurteilt war (Manfred Genditzki, Anm. d. Red.). Das war natürlich ein Einschnitt. Ich bin gekommen, es war an einem Freitag, und dachte: Da will mich jemand veräppeln. Mit der Entlassung hatte ich nicht gerechnet. So etwas passiert eigentlich nie.
Aktuell sind Sie die Anstaltsleiterin, die in Bayern am zweitlängsten im Amt ist.
Vom Lebensalter her bin ich im Oktober sogar die älteste, da mehrere JVA-Leitungen wechseln. Bis zum Mai 2028 werde ich dann noch arbeiten.
Der Rekord in der JVA Landsberg wäre Ihnen dann sicher: Niemand hat die Anstalt je länger als 20 Jahre geführt. Macht Sie das stolz?
Es ist meine Aufgabe. Und die habe ich immer so wahrgenommen. Ich bin für viele Menschen verantwortlich, aktuell etwa 450 Häftlinge und 300 Bedienstete. Das ist eine schwierige Sache.
Sie hätten als Richterin arbeiten dürfen. Stattdessen begannen Sie vor 32 Jahren im Strafvollzug in Stadelheim. Muss man besonders hart sein, um in diesem Bereich so lange zu arbeiten?
Es geht eher um Menschenkenntnis und Konsequenz, natürlich ist auch Organisationstalent wichtig. Ich hatte in meiner Laufbahn sicher mit Tausenden Gefangenen zu tun. Heute kaum noch, das machen die Abteilungsleiter. Ich bin eher als Dienstaufsicht tätig, gebe die Richtlinien der Anstaltspolitik vor, pflege Kontakte zum Ministerium oder zum Gefangenenbeirat. Es ist mein Traumberuf, weil er so abwechslungsreich ist.
Was für eine Art Chefin sind Sie?
Humorvoll. Es ist eine schwere Arbeit, da muss man auch mal lachen können. Und ich arbeite sehr genau. Das erwarte ich auch von anderen.
Glauben Sie, dass Sie auch als streng wahrgenommen werden?
Wahrscheinlich.
Für welche Werte stehen Sie?
Ehrlichkeit ist mir wichtig, Gerechtigkeit, Höflichkeit und Fleiß. Ich kann auch mal sauer werden, wenn ich angelogen werde. Jedem passieren Fehler, mir auch. Aber man muss dazu stehen.
Das gilt auch für Straftäter. 2014 etwa Uli Hoeneß. Er galt danach als Vorbild für Resozialisierung, ist seit Jahren wieder Boss beim FC Bayern. Freuen Sie sich für ihn?
Über einzelne Gefangene darf ich mich nicht äußern.
Dann genereller: Freuen Sie sich, wenn Sie von solchen Verläufen hören?
Natürlich. Aber ich kriege es selten mit, eher die Psychologen oder Sachbearbeiter. Landsberg ist für den Erstvollzug zuständig. Mit der Haft endet meistens der Kontakt.
Welche Häftlinge schaffen denn den Weg zurück ins Leben?
Eine Psychologin hat mal drei Arten von Gefangenen definiert: Die einen werden nie wiederkommen, bei ihnen hat die Haft gewirkt. Dann gibt es welche, da kann man machen, was man will: Nichts hilft. Und es gibt die in der Mitte. Bei ihnen muss man ansetzen und hat Einfluss.
Ist es möglich, dass jemand durch die Haft ein besserer Mensch wird?
Auf jeden Fall. Ein Gefangener, der in der JVA seinen Abschluss nachgeholt hat, sagte mal zu mir: Man hätte mich viel früher einsperren müssen, dann wäre mein Leben besser gelaufen. Das fand ich bemerkenswert. Andere sind froh, einem Milieu entkommen zu sein. Sie ändern nach der Haft ihr Umfeld oder den Wohnort.
Wie groß ist der Einschnitt einer Haft?
Unheimlich groß. Vor allem, weil man nicht mehr selbst bestimmen kann. Ich denke, das ist das Allerschlimmste. Aber es hängt auch davon ab, wie jemand vorher gelebt hat. Ich hatte kürzlich einen Häftling, der kam für neun Tage hierher. Andere verbüßen lebenslänglich. Häftlinge müssen sich mit der Situation abfinden. Im Erstvollzug ist das schwieriger.