Ein gutes Jahr für Bayerns Wälder

von Redaktion

Baum-Schau: Die Landesinventurleiter Michael Heym und Wolfgang Stöger (rechts) beim Begutachten der bayerischen Wälder. © dpa

Niederaichbach – Michael Heym und Wolfgang Stöger sind in einem Waldstück bei Niederaichbach im Kreis Landshut unterwegs. Auf Inventur-Tour sozusagen. Michael Heim begutachtet über sein Fernglas die Baumkronen. Wie grün sind sie? Wie viele Zapfen hängen an ihnen? Sind sie von Misteln befallen? Wolfgang Stöger notiert die Ergebnisse auf ein Datenblatt. Denn die zwei sind als Landesinventurleiter für die Waldzustandserhebung zuständig. Dieses Monitoring findet jedes Jahr statt – als Konsequenz des Waldsterbens der 1980er-Jahre. Die Bilanz 2023 zeigte, dass nur noch knapp zwölf Prozent aller Bäume in Bayerns Wälder keine deutlichen Trockenheits- oder Hitzeschäden aufwiesen – ein historisches Tief. 2022 waren es immerhin 28 Prozent.

Rund 17 000 Bäume haben Fachleute heuer im Juli und August auf ihre Qualität hin begutachtet. Ihre Ergebnisse sollen Ende des Jahres im Bayerischen Landtag präsentiert werden. Aber schon jetzt gibt es Grund zur Hoffnung: „Nach mehreren Dürresommern hoffen wir, dass die Niederschläge im Frühjahr die Abwärtsspirale ein wenig gebremst haben“, erklärt Stöger von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising.

Die Ausgangssituation für das diesjährige Monitoring ist problematisch, denn Auswirkungen von Hitze und Trockenheit zeigen sich erst in den Folgejahren, wie Wolfgang Stöger erläutert. Die reichlichen Niederschläge heuer bedeuten also ein Durchatmen für die Natur – auch wenn sich laut Stöger bereits geschädigte Bäume nicht so schnell regenerieren könnten.

Ludwig Körner, Sprecher der Bayerischen Waldbesitzer, kann den Eindruck der Experten der Landeswaldanstalt bestätigen. „Die vergangenen Jahre waren verhältnismäßig heiß und trocken. Der stetige Niederschlag, den wir heuer im Frühjahr und Sommer hatten, tut dem Wald bis jetzt sehr gut. Nicht nur den Bäumen, die ganze Vegetation ist grün, keine Pflanzen vertrocknet.“

Für die Waldinventur suchen Forstsachverständige jedes Jahr gut 450 Stellen im Freistaat auf – diese sind in den 1980er-Jahren stichprobenhaft ausgewählt worden. „Wir agieren dabei unsichtbar“, sagt Stöger. Die Waldbesitzer wüssten nicht, dass ihre Bäume ausgesucht worden seien. So soll verhindert werden, dass ein Waldbesitzer gezielt einen schadhaften Baum fälle. Also können die Sachverständigen die erwählten Bäume auch nicht markieren, um sie jedes Jahr wiederzufinden.

Die Behörde behilft sich mit einem Trick: 30 Zentimeter lange Metallrohre sind in die Böden eingelassen und dienen als Marker für Karten, die zeigen, welche der umstehenden Bäume zu überprüfen sind. In dem Waldstück in Niederaichbach kontrollieren Heym und Stöger heute die Ergebnisse nach. Mit einem Magnetsuchgerät tastet Heym den Boden ab, bis es piepst und das Metallrohr gefunden ist. Solche Kontrollen passieren per Zufall an fünf bis zehn Prozent der Inventurpunkte.

In dem Wald stehen Buchen, Eichen, Birken, Kiefern und Fichten. „Ein idealer Mischwald“, sagt Stöger. Beim Blick in die Baumkronen ist die geschätzte Menge an Zapfen oder Bucheckern genauso wichtig wie der Nadelblattverlust, braune Stellen oder ein möglicher Borkenkäferbefall. Die gefürchteten Schädlinge wüten hier aber nicht. Schäden, die durch Sturm oder Schneebruch entstanden sind, werden ebenfalls registriert. Heuer war Letzterer massiv.

In den 1980er-Jahren war es die Tanne, die gelitten hat. Inzwischen hat sich ihr Zustand verbessert. „Heute haben Kiefer und Fichte große Schwierigkeiten wegen der Hitze und Trockenheit“, sagt Stöger. „Deutschland wäre eigentlich Buchenland.“ Eine Konsequenz aus dem Klimawandel sei der Waldumbau, also der Anbau von trockenheitsresistenteren Arten. Vor 50 Jahren habe es in Bayerns Wäldern nur rund 20 Prozent Laubbäume gegeben, jetzt seien es fast 40 Prozent. „Wir müssen weg von den Monokulturen hin zu Mischwäldern.“ Buchen und Eichen etwa kommen gut mit Trockenstress klar. Ihre Kronen wirken wie Sonnenschirme.

„Grüne Grasflächen, durchsättigte Böden und an manchen Stellen sogar stehendes Wasser“, so beschreibt Andreas Lohde den Blick von oben auf Bayerns Wälder. Der Fürstenfeldbrucker ist seit 20 Jahren ehrenamtlich Luftbeobachter. Er steigt für die Luftrettungsstaffel in Oberpfaffenhofen ins Flugzeug und überprüft so die Waldbrandgefahr in den Kreisen Fürstenfeldbruck, Dachau, Landsberg und Starnberg. „Heuer wurde erst ein Überwachungsflug angeordnet“, erklärt er.

Für den 13. August hatte die Regierung von Oberbayern die Luftbeobachter alarmiert. Das macht die Behörde, wenn der Waldbrandgefahrenindex auf Stufe 4 von 5 steigt. Aktuell liegt der für Oberbayern bei Stufe 2, am direkten Alpenrand auf Stufe 1. Es gab schon Jahre, da herrschte nicht nur im Hochsommer sondern schon im März und April hohe Waldbrandgefahr. „Wenn es sehr trocken ist, wenn die Pflanzen noch nicht im Saft stehen“, erklärt Lohde. „Aber der viele Regen vom Frühjahr bis hinein in den Juli hat diese neuralgischen Phasen in diesem Jahr bisher buchstäblich ins Wasser fallen lassen.“

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