„Es gibt zu wenige weibliche Vorbilder“

von Redaktion

Cordula Pflaum war bei der Lufthansa eine der ersten Pilotinnen. Noch immer sind Frauen im Cockpit selten. Die54-Jährige würde dasgerne ändern.

Elise Deroche war die erste Frau mit Pilotenschein. © pa

Die Kapitänin: Cordula Pflaum ist eine von sehr wenigen Pilotinnen bei der Lufthansa. © dpa

Bremen/Bamberg – Schon als Kind war Cordula Pflaum von Flugzeugen begeistert. Auf dem Weg zum Klavierunterricht musste ihre Mutter sie immer am Flugplatz in Ganderkesee bei Bremen vorbeifahren. „Dort habe ich die Flugzeuge bestaunt“, erinnert sich die heute 54-Jährige. Als sie 19 war, begann sie ihre Pilotenausbildung bei der Lufthansa an der Verkehrsfliegerschule in Bremen. „Ich war dort das Nesthäkchen“, sagt sie. Nach ihrer Ausbildung war sie erst die 20. Pilotin überhaupt bei der Lufthansa. Es folgte eine Bilderbuchkarriere: Nach rund zehn Jahren als Co-Pilotin durfte sie auf den linken Platz im Cockpit von Charterfliegern wechseln – als Flugkapitänin. 2008 avancierte sie zur ersten Flugkapitänin für die Langstrecke bei der Lufthansa, ein Jahr später wurde sie in diesem Bereich Ausbilderin – ebenfalls die erste Frau, die bei ihrem Arbeitgeber diese Aufgabe je innehatte. „Ich bin die Exotin geworden, die ich nie sein wollte“, sagt sie. Das hat sich bis heute kaum geändert: „Von 600 Ausbildern bei uns sind ein halbes Dutzend Frauen.“ Ein Prozent. Unter den rund 6000 Pilotinnen und Piloten bei der Lufthansa sind acht Prozent Frauen – Flugkapitäninnen sind nur zwei Prozent. Nach Angaben der International Society of Women Airline Pilots sind weltweit sogar nur 5,8 Prozent der Piloten weiblich.

Dass sie sich in einem männerdominierten Beruf behaupten musste, war Cordula Pflaum erst nicht bewusst. „Ich habe darüber gar nicht nachgedacht, ich habe einfach das gemacht, was mir Spaß macht“, sagt sie. Weil sie nach dem Abitur noch zu jung für die Pilotenausbildung war, studierte sie zwei Semester Maschinenbau und Physik. „Technik und Motoren, das hat mich immer interessiert.“ Für die Pilotenausbildung interessierte sie sich auch deshalb, weil sie gehofft hatte, „dass ich am Flugzeug schrauben kann“. Das sah der Lehrplan allerdings nicht vor.

Damit mehr Menschen das beruflich tun, was ihnen Spaß macht, hat Cordula Pflaum mit der Co-Autorin Heidi Friedrich ein Buch geschrieben. In „Guten Tag, hier spricht Ihre Kapitänin“ berichtet sie von ihren langjährigen Erfahrungen in der Welt der Luftfahrt. „Es gibt zu wenige weibliche Vorbilder“, sagt Pflaum – sie möchte eins sein. „Ich bekomme sehr viele Zuschriften, gerade hat mir eine Zwölfjährige geschrieben“, berichtet sie. „Es muss einfach in die Köpfe rein, dass auch Frauen Pilotin werden können.“

Oft wird sie auf das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie angesprochen. Sie hat zwei Töchter, inzwischen 18 und 20 Jahre alt, und hat immer Vollzeit gearbeitet. Ihr Mann reduzierte seine Arbeitszeit, die Großeltern waren vor Ort und kümmerten sich um die Mädchen. Ab der 6. Klasse gingen die Kinder auf eigenen Wunsch aufs Internat. „Man muss loslassen können und den Beruf wollen.“ Teilzeit- und Jobsharing-Modelle seien aber auch für Piloten und Pilotinnen möglich.

Noch immer sei es selbst unter Kolleginnen und Kollegen ein Thema, dass sie als Frau im Cockpit das Sagen hat, berichtet sie. „Wir arbeiten in ständig wechselnden Teams, und auf jedem Flug wird das thematisiert.“ Dabei gab es eigentlich schon früh fliegende Frauen: Die Französin Elise Deroche war 1910 die erste Frau der Welt, die einen Pilotenschein machte. Zugleich war sie auch die erste Frau, die einen Alleinflug unternahm. Melli Beese war 1911 die erste deutsche Frau, die eine Flugzeugführerlizenz erhielt. Im Jahr 1988 hoben mit Nicola Lisy und Evi Hetzmannseder die ersten beiden Pilotinnen für Lufthansa ab.

Im September beginnt für Cordula Pflaum wieder eine neue Ausbildung: Sie trainiert auf den Airbus A 380, das größte Passagierflugzeug der Welt mit bis zu 853 Passagieren. „Ich freue mich, in die Technik neu eintauchen zu können.“ Pilotin ist für sie nach wie vor ihr Traumberuf. „Jedes Mal wenn ich auf die Startbahn rolle und den Schub setze, ist das das Schönste der Welt.“

Artikel 2 von 8