Jüngster Held: Daniel Reisinger vertrieb Fahrraddiebe.
Innenminister Joachim Herrmann ehrte Jasmin Hochleitner (rechts) und Anne Hillreiner für ihr couragiertes Eingreifen.
Haben einen kühlen Kopf bewahrt: Tino Hinderlich (rechts) und Zoltan Nagy fesselten einen Totschläger. © Oliver Bodmer (3)
München – Sie haben beherzt eingegriffen, um anderen in großer Not beizustehen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat 33 Bayern gestern die Medaille für Verdienste um die Innere Sicherheit verliehen. „Zivilcourage bedeutet, in entscheidenden Momenten für das Richtige einzustehen. Diejenigen, die wir heute auszeichnen, haben genau das getan“, sagte Herrmann in München. Die Ausgezeichneten hätten in schwierigen Situationen nicht weggeschaut, sondern gehandelt. Sie seien Vorbilder für alle, nach dem Motto: „Alltagsmut tut Bayern gut!“
In Gefahr haben sich auch Tino Hinderlich und seine Mitstreiter begeben. Der 40-Jährige ist Maschinist bei der Tegelbergbahn im Allgäu. Er ahnte erst nicht, wen er da vor sich hatte an diesem späten Abend im Oktober 2022. „Ein Mann hat an die Bergstation geklopft. Er wollte um 22.30 Uhr die Bahn ins Tal nehmen, dabei war die letzte Fahrt schon um 17 Uhr“, sagt Hinderlich. Der Unbekannte bat um eine Übernachtungsmöglichkeit. Hinderlich informierte Hüttenwirt Hynek Bednar, die Männer gewährten dem Ankömmling Zutritt, gaben ihm noch eine Decke. Weil ihnen die Sache aber komisch vorkam, fotografierten sie, als der Mann döste, seinen Führerschein. Ein Blick ins Internet zeigte, wen sie vor sich hatten: Anton H. (58) aus Herbertshofen. Er war damals zur Fahndung ausgeschrieben, weil er seine Frau mit dem Hammer getötet haben soll. Sie schritten zur Tat, informierten Mitarbeiter Zoltan Nagy aus der Gastronomie. „Wir haben den Mann mit Kabelbinder gefesselt und die Polizei gerufen.“ Angst hätte er nicht gehabt, selbst dann nicht, als sie mit dem mittlerweile zu neun Jahren Haft wegen Totschlags Verurteilten in der Gondel auf dem Weg ins Tal saßen, um ihn der Polizei zu übergeben.
Auch bei Anne Hillreiner und Jasmin Hochleitner gibt es diesen einen Tag, den sie nie vergessen werden. Die 23-jährigen Freisingerinnen zögerten keine Sekunde, als sie spät nachts vor einem Club in der Arnulfstraße in München mitbekamen, wie ein 19-Jähriger von einem Mann geprügelt und getreten wurde. „Es war ein Reflex. Wir haben angefangen loszuschreien.“ Der Täter ließ von seinem Opfer ab und flüchtete. „Der junge Man war übel zugerichtet“, sagt Hillreiner. Die Frauen haben womöglich Schlimmeres verhindert.
Daniel Reisinger ist der jüngste Held. Als Zwölfjähriger vertrieb er Fahrraddiebe. „Ich konnte nachts nicht schlafen und habe was gehört“, sagt der mittlerweile 13-jährige Karlsfelder. Er schaute aus dem Fenster, da sah er die dunklen Gestalten, die sich an drei E-Bikes der Nachbarn mit einem Bolzenschneider zu schaffen machen. „Ich habe ihnen zugeschrien: Wieso klaut ihr Fahrräder!“ Die Männer flüchteten. Daniels Nachbarn waren heilfroh – und luden die aufgeweckte Nachteule als Dank zum Kaltenberger Ritterturnier ein.
Nathalie Wertich hat die Ruhe weg. Sie stillte ihr Baby und entlarvte nebenbei einen Trickbetrüger. Vor einem Supermarkt fiel der Münchnerin ein Mann auf, der eine ältere Frau verbal bedrängte. Wertich schöpfte Verdacht, bot der Frau ihre Hilfe an und riet ihr, ihr Geld nachzuzählen – es fehlten Scheine. Wertich alarmierte das Ladenpersonal und bat Handwerker Saeed Ebadi, der gerade Mittagspause hatte, den Gauner festzuhalten. Gestern sah sich das couragierte Duo bei der Ehrung wieder.
DANIELA POHL