Schreiben: Für nicht wenige Buben in der Schule ist das eine Herausforderung. © Caro / Kaiser
München – Achtung, bitte beachten Sie folgende äußerst wichtige Änderung: Die bisherigen Regelungen zum Notenschutz bei einer Rechtschreibstörung oder einer Legasthenie entfallen. Ab diesem Schuljahr werden schriftliche und mündliche Leistungen in den Fremdsprachen nicht mehr im Verhältnis 1:1 gewichtet, sondern wie bei allen anderen Schülern auch im Verhältnis 2:1. So oder so ähnlich wird es derzeit von den Leitern weiterführender Schulen aller Schularten in den Elternbriefen zu Schuljahresanfang mitgeteilt.
Das Kultusministerium bestätigt das grundsätzlich. Hintergrund ist ein Bundesverfassungsgerichtsurteil vom November vergangenen Jahres, hieß es. Daher sei „diese konkrete Maßnahme“ ab diesem Schuljahr „nicht mehr zulässig“. Allerdings würden sich in der konkreten Praxis „nur geringfügige Änderungen“ ergeben, betont eine Sprecherin.
Tanja Scherle, Bundes- und bayerische Landesvorsitzende des Verbands Legasthenie & Dyskalkulie, sieht das anders: Seit 1999 wurden in Bayern im Fall einer anerkannten Legasthenie schriftliche und mündliche Leistungen in den Fremdsprachen so gewichtet, dass für die betroffenen Schüler die bestmögliche Note im Zeugnis herausspringt. Die Lehrer berechneten dazu die schriftlichen und mündlichen Noten sowohl nach dem Verhältnis 2:1 als auch 1:1 – der Schnitt, der besser war, kam ins Zeugnis. „Das entfällt nun komplett und damit fällt auch der Notenschutz weg“, sagte Scherle. Einzige Ausnahme: die Oberstufe des Gymnasiums. Hier gilt für alle Kinder eine Gewichtung mündliche/schriftlich im Verhältnis 1:1.
Das Ministerium betont allerdings, dass einzelne mündliche Noten künftig stärker gewichtet werden können und spricht von einer irreführenden Aussage in den Elternbriefen. Der Nachteilsausgleich werde auch nicht mehr im Zeugnis erwähnt. Dennoch bleibt Scherle bei ihrer Einschätzung, dass sich um eine „Verschlechterung“ handelt. Die Verbandschefin kündigte an, beim Kultusministerium und den Bildungsexperten der Fraktionen im Landtag einen Vorstoß zu unternehmen. Doch dass sich noch einmal etwas ändert, „da habe ich nicht viel Hoffnung“.
Legasthenie, also eine kombinierte Lese- und Rechtschreibschwäche, betrifft eine erhebliche Zahl an Schülern. Zwischen fünf und zehn Prozent aller Kinder haben Probleme mit der Schriftsprache, schätzen Experten, Buben dabei öfter als Mädchen.