Was bringen intensive Grenzkontrollen?

von Redaktion

Nancy Faesers (SPD) Pläne und was sich die Bundespolizei gewünscht hätte

An der A93 bei Kiefersfelden hat die Bundespolizei Rosenheim seit 2015 eine feste Kontrollstation. © Marcus Schlaf

Auch in den Zügen finden Kontrollen statt. In Rosenheim wurden 2015 so viele illegal eingereiste Menschen aufgegriffen, dass die Bundespolizei am Rosenheimer Bahnhof eine eigene Registrierungsstelle einrichtete. © dpa

Rosenheim – Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ab Montag eine Ausweitung stationärer Grenzkontrollen auf alle deutschen Landesgrenzen angekündigt. Ein Überblick, was das bedeutet:

■ Was passiert an den Grenzen bereits?

Im Schengen-Raum der EU sind eigentlich keine festen Grenzkontrollen vorgesehen. Das Bundesinnenministerium kann jedoch anlassbezogene Grenzkontrollen anordnen. Das muss bei der Europäischen Kommission nur angezeigt, aber nicht beantragt werden. Im Herbst 2015 wurden, damals noch unter Innenminister Thomas de Maizière (CDU), die festen Kontrollen an der Grenze zu Österreich eingeführt – wegen des starken Anstiegs unerlaubter Einreisen. Seitdem wurden die Grenzkontrollen dort alle sechs Monate von Maizière und seinen Nachfolgern Horst Seehofer (CSU) und Nancy Faeser verlängert. Temporäre Kontrollen wurden Mitte Oktober 2023 auch für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. Ab Montag soll es Kontrollen auch an den restlichen Grenzabschnitten zu Frankreich, Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg geben. An der österreichischen Grenze läuft alles weiter wie bisher.

■ Was haben die Kontrollen bisher gebracht?

In den ersten acht Monaten dieses Jahres sind die Asylbewerber-Zahlen in Deutschland zurückgegangen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellten 160 140 Menschen erstmalig einen Asylantrag – 21,7 Prozent weniger als im selben Zeitraum 2023. Das wird auch auf die intensiven Grenzkontrollen zurückgeführt, da sie für Schleuser das Risiko erhöht haben, gefasst zu werden. Es gibt aber auch Experten, die bezweifeln, dass die Fluchtbewegungen durch die Grenzkontrollen zurückgehen.

Darüber hinaus gelingen der Polizei durch die intensiven Kontrollen viele Fahndungserfolge, berichtet Heiko Teggatz, Vorsitzender der Gewerkschaft der Bundespolizei. „Allein in den 43 Tagen während der EM, als an allen deutschen Grenzen kontrolliert wurde, sind 1200 offene Haftbefehle vollstreckt worden – vom Mörder bis zum Eierdieb“, sagt er.

■ Wer wird zurückgewiesen?

Auch rein rechtlich sind die festen Grenzkontrollen wichtig, erklärt Teggatz. Denn nur wenn die Bundespolizei Grenzbehörde ist, darf sie Menschen zurückweisen. An den bayerischen Grenzen passiert das bereits, seit die Kontrollen 2015 eingeführt wurden. Aktuell werden rund 40 Prozent aller illegal Eingereisten zurückgewiesen, sagt Teggatz. Möglich ist das bei allen, die keinen Asylantrag stellen oder für die eine Wiedereinreisesperre gilt. Also auch für Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden – sogenannte Dublin-Fälle. Vergangenes Jahr waren allein das in Deutschland 25 000 Menschen. Ohne die Chance, zurückweisen zu können, müssten sie von der Bundespolizei in ein Abschiebegefängnis gebracht werden. Bundesweit gibt es 800 Abschiebehaftplätze, 400 davon können durch die Länder in Anspruch genommen werden. „Weil die Plätze sofort belegt wären, würden die Dublin-Fälle in die Ankereinrichtungen des BAMF weitergeleitet werden“, erklärt Teggatz. Oder in Gemeinschaftsunterkünfte, weil es in vielen Ländern keine Ankereinrichtungen gibt. Durch die Möglichkeit, sie zurückzuweisen, werden sie in Züge zurück in die Nachbarländer gesetzt. Je nachdem, wie gut die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei in den Nachbarländern funktioniert, werden sie auch an der Grenze abgeholt.

■ Was wird sich ab Montag für Pendler ändern?

In Bayern und an allen anderen deutschen Grenzen, an denen bereits kontrolliert wurde, ändert sich für Pendler nichts.

■ Was die Bundespolizei von der Politik fordert

Teggatz nennt Faesers Ankündigung „Augenwischerei“. Er begrüßt die Ausweitung der Kontrollen auf alle Grenzen, sagt aber: „Die Ampel-Regierung müsste nur einen Paragrafen im Aufenthaltsgesetz ändern und könnte die Bundespolizei damit zur Grenzaufsichtsbehörde machen.“ Die große Koalition – also auch die SPD – hatte in der vergangenen Legislatur ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, dass dann am Bundesrat gescheitert war. Nun habe die Union den gleichen Antrag wieder eingebracht, die Ampel habe das Gesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen. „Mit diesem Gesetz dürften wir eine vollziehbar ausreisepflichtige Person auch zurückweisen, wenn wir sie am Münchner Hauptbahnhof aufgreifen“, erklärt Teggatz. „Momentan müssen wir sie in solchen Fällen an die Ausländerbehörden übergeben.“
KATRIN WOITSCH

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