Plötzlich Bürgermeister

von Redaktion

Steffen Romstöck wurde gewählt, obwohl er nicht kandidierte

Der neue Chef im Rathaus: Steffen Romstöck wurde überraschend zum Bürgermeister gewählt. © dpa

Auf dem Marktplatz der 1600-Einwohner-Stadt Röttingen erfuhren die Bürger am Sonntag das Wahlergebnis. © Picture Alliance

Die Stadt Röttingen im Kreis Würzburg hat am Sonntag einen neuen Bürgermeister gewählt. Auf dem Wahlzettel stand nur ein Name. Doch gewonnen hat ein anderer: Steffen Romstöck von der Fraktion Unabhängige Bürger Röttingen. Er erhielt 51,9 Prozent der Stimmen. Offenbar auch, weil viele Wähler unzufrieden damit waren, dass es nur einen CSU-Kandidaten gegeben hatte. Sie schrieben Romstöcks Namen auf den Wahlzettel und machten dahinter ihr Kreuz. Der 44-Jährige, der bisher in der Personalabteilung der Uni Würzburg gearbeitet hatte, berichtet, wie überraschend das Ergebnis für ihn kam.

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem überraschenden Wahlerfolg. Wie haben Sie den Wahlabend erlebt?

Vielen Dank, es war tatsächlich eine große Überraschung für mich. Ich bin wie die meisten Bürger gegen 18.30 Uhr zu unserem Rathaus gekommen und habe auf die Verkündung des Wahlergebnisses gewartet. Ich war sehr erstaunt, als es verkündet wurde.

Hatten Sie damit gerechnet, dass einige Bürger Ihren Namen auf den Wahlzettel schreiben?

Ja, ich habe das geahnt. Weil ich im Vorfeld gefragt wurde, was ich dann machen würde. Ich habe immer wahrheitsgemäß gesagt: Ich kann es euch nicht verbieten. Wenn ich die Mehrheit der Stimmen bekommen sollte, kann ich das nicht ablehnen, weil es ein sehr großer Vertrauensvorschuss ist.

War Ihnen gleich klar, dass diese Wahl gültig ist?

Nachdem ich selbst Beamter bin, kenne ich mich mit dem Wahlrecht gut aus. Wie viele Stimmen ich bekommen würde, habe ich aber nicht kommen sehen.

Werten Sie das Ergebnis auch als Protestwahl? Offenbar waren viele Bürger unzufrieden damit, dass nur ein Kandidat nominiert worden war…

Das müssen Sie die Wähler fragen. Ich tue mich schwer, die Beweggründe für die Abstimmung zu kommentieren.

Hatten Sie mit dem Gedanken gespielt, die Wahl abzulehnen?

Als klar war, dass unser Bürgermeister das Amt aus gesundheitlichen Gründen abgeben möchte, wurde ich vom Stadtrat gefragt, ob ich kandideren möchte. Damals habe ich abgelehnt. Alle drei Stadtratfraktionen haben dann in der „Bayerischen Staatszeitung“ inseriert – man muss schließlich froh sein, wenn man einen Kandidaten findet. Es gab dann nur eine Nominierungsversammlung – das bedeutete, dass auch nur ein Kandidat auf dem Stimmzettel stehen würde. Ich wurde noch mal gefragt, ob ich nicht kandidieren möchte, und habe wieder abgelehnt. Es hätte sich sonst für mich so angefühlt, als ob ich dem Stadtrat in den Rücken falle, wenn ich meine Meinung jetzt ändere. Aber durch die Mehrheitswahl gibt es eben die Möglichkeit, dass man Namen auf den Zettel schreiben kann. Nachdem das passiert ist, kann ich jetzt nicht kneifen, finde ich. Es war schließlich ein Vertrauensbeweis.

Wie hat der unterlegene Kandidat Jürgen Boier reagiert?

Für ihn kam das genauso überraschend wie für mich. Wir haben uns unterhalten und sind aus meiner Sicht im Guten auseinandergegangen. Er hat mir, wie es bei Demokraten üblich ist, zum Wahlsieg gratuliert.

Er sagte aber auch, er hätte sich einen offenen Wahlkampf gewünscht. In WhatsApp-Gruppen war für Sie geworben worden. Können Sie seinen Ärger nachvollziehen?

Ja, kann ich. Aber ich habe keinen verdeckten Wahlkampf gemacht. Ich habe gar keinen Wahlkampf gemacht. Ich habe keine Nachrichten über Mittelsmänner gestreut, keine Wahlwerbung ausgegeben und auch keine Wahlversammlungen gemacht. Ich war kein Kandidat im Hintergrund.

Wie sahen Ihre ersten Tage im Amt aus?

Die ersten Tage waren turbulent. Weil ich aus meiner bisherigen Arbeit an der Universität Würzburg von einem Tag auf den anderen ausscheiden musste. Ich war Montag dort und habe meine Aufgaben und meine Projekte übergeben. Außerdem kamen an den ersten Tagen sehr viele Interviewanfragen wegen der ungewöhnlichen Wahl.

Hatten Sie schon Zeit, sich Ziele zu setzen?

Ja, damit habe ich schon Sonntagabend auf dem Heimweg begonnen. Meine Ziele sind, die Projekte, die unser Stadtrat angestoßen hat, erfolgreich abzuschließen. Außerdem müssen wir den Fokus auf unsere Infrastruktur legen: Straßen, Kanäle – das große Thema überall in Deutschland.

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