Die Insel-Camper vom Staffelsee

von Redaktion

Urlaub auf der Insel mit Alpenblick: Das geht, und zwar am Staffelsee. Auf der autofreien Insel Buchau können Camper von April bis Ende September ihr Lager aufschlagen. Ein Besuch auf der Camping-Insel.

Liegt im Naturschutzgebiet: Die Campinginsel Buchau im Staffelsee.

Stammgast auf der Camping-Insel: Günther Benedikt vor seinem Dauerplatz. © Andreas Mayr (5)

Fast wie in der Südsee: Lorenz (li.) und Lukas Steimer am Ufer des Staffelsees.

Liebt die Ruhe auf Buchau: Maria Rieger (Name geändert) vor ihrem Zelt.

In seinem Element: Campingplatz-Betreiber Paul Sedlmaier in seinem Motorboot auf dem Staffelsee.

Seehausen – Blauer Himmel, glitzerndes Wasser und ein Gefühl fast wie in der Südsee. Im Hintergrund die Alpen. Auf dem Staffelsee im Kreis Garmisch-Partenkirchen schwimmen Haubentaucher mit schwarz-weißen Köpfchen umher, tauchen kurz unter. Maria Rieger (Name geändert) steht auf der Fähre und genießt den Ausblick – es ist der erste Tag ihres Kurzurlaubs im oberbayerischen Paradies. Nach zehn Minuten Fahrt erreicht sie ihr Ziel: die Insel Buchau. Über eine kleine Rampe verlässt Rieger das Boot, ihr Gepäck trägt sie mit beiden Händen und Schultern. Bis auf das Schnattern der Kanada-Gänse und fröhliches Kinderschreien ist es still auf Buchau. Keine Autos, keine Wohnmobile, keine Roller oder E-Bikes. Auf die grüne Camping-Insel geht‘s nur zu Fuß.

Zelt, Isomatte, Kühlbox, Schlafsack und alles, was man zum Campen noch so braucht, schleppt Maria Rieger zu ihrem Platz. Sie hat freie Wahl. Denn feste Plätze haben auf Buchau nur die Dauercamper. Sie wohnen in überdachten Zelten, die kleinen Bungalows ähneln und meist direkt am Ufer stehen. Viele haben Solar-Panele aufgestellt und ziehen Tomatenstauden, Kräuter und Gemüse heran. Es wirkt wie eine friedliche Parallelwelt. 132 Dauer-Insulaner sind auf Buchau zu Hause, die Plätze sind heiß begehrt, die Warteliste lang. Neben ihnen ist Platz für bis zu 180 freie Camper wie Rieger. Acht Euro kostet die Nacht pro Erwachsenem, dazu kommen sechs bis acht Euro pro Zelt, je nach Größe, und die Kurtaxe. Die 42-jährige Maria Rieger hat Glück: Ende des Sommers ist schon weniger los. Sie hat ein schattiges Plätzchen am Westufer gefunden und klopft einen Hering nach dem anderen ins Gras.

Maria Rieger ist zum zweiten Mal auf Buchau. Vor Kurzem war sie mit ihren Kindern und Freunden hier – und hat sich direkt in die Insel verliebt. Diesmal ist sie allein hier. Obwohl sie mit dem Starnberger See bereits ein Paradies vor der Haustür hat, spürt sie auf Buchau eine ganz besondere Energie: „Es hat so was Erdendes, es ist wie Urlaub früher in der Natur.“ Rieger freut sich auf die kommenden Tage, will viel schwimmen, Yoga machen und Stand-up-Paddeln. Viel mehr muss man auf Buchau auch nicht tun, außer vielleicht eine Forelle in Paul Sedlmaiers Wirtschaft verspeisen.

Sedlmaier betreibt die rund fünf Hektar große Campinginsel inklusive Wirtschaft seit 14 Jahren. In der Hauptsaison geht’s ganz schön zu, sagt er. Besonders in den Sommerferien wird‘s voll, oft kommen große Gruppen. Der Rekord: 99 Personen auf einmal. An diesen Tagen ist Sedlmaier, der während der Saison auf der Insel wohnt, auch mal bis ein Uhr nachts auf den Beinen.

Schon lange bevor Sedlmaier den Campingplatz übernahm, war Günther Benedikt zum ersten Mal auf Buchau. Seit 45 Jahren campt der 77-Jährige hier, immer am selben Platz. Hier hat er sich gemütlich eingerichtet und sitzt gerne vor seinem Zelt im Schatten. Der Peißenberger aus dem Landkreis Weilheim-Schongau ist einer der treuesten Dauercamper. Mit seiner Frau verbringt er fast die ganze Saison auf der Insel, sie fahren nur ab und zu nach Hause. „Es ist halt einfach schee und direkt vor der Haustür“, sagt der gelernte Maler. Früher waren die Benedikts viel auf dem Wasser unterwegs, heute spazieren sie lieber in Ruhe über die Insel.

Ruhig ist‘s bei Lukas (8) und Lorenz (9) Steimer nicht. Buchau ist ihr Abenteuerspielplatz, hier gehen sie klettern, schwimmen, paddeln, spielen stundenlang Räuber und Gendarm mit anderen Kindern. Seit Jahren kommen die beiden mit ihren Eltern auf die Insel. Auch die Steimers machen quasi Urlaub vor der Haustür: Sie sind in Ohlstadt zu Hause, gerade mal zehn Kilometer von Seehausen entfernt. Mama Lisa Steimer schwärmt von der Magie der Insel, die für sie nicht vergleichbar ist mit einem normalen Campingplatz: „Das Insel-Leben ist eben doch ein anderes.“ Der kleine Gaskocher ist hier ihr Heiligtum, jeden Tag kocht die 39-Jährige darauf Kaffee. Auch Maultaschensuppe und Pestonudeln bereitet sie hier zu – zwei Meter vom Seeufer entfernt.

Wenn auf der grünen Insel die Sonne strahlt und das Wasser glitzert, fühlt es sich unter den Bäumen am Uferrand wirklich nach Südsee an. Und nach Abenteuer, das schon mit der Überfahrt beginnt. Egal ob mit Fähre, Kanu oder Schlauchboot – viele Wasserwege führen nach Buchau. Sobald man die Insel betritt und ihre versteckten Ecken erkundet, fühlt es sich an wie im bayerischen Bullerbü. Überall führen kleine Stufen zum Wasser, verschlängelte Pfade tief ins grüne Dickicht und Hängematten baumeln zwischen den Bäumen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum viele Menschen immer wiederkommen, Jahr für Jahr, über Generationen hinweg. Sie sprechen von einer Magie auf Buchau, die tatsächlich spürbar ist.

Diese Magie genießt nun auch Maria Rieger. „Die Zeit steht hier still“, sagt die Starnbergerin und schlägt den letzten Hering in den Boden. Endlich steht das Zelt. Sie wirft den Hammer ins Gras und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Geschafft! Jetzt beginnt die Auszeit, wie früher, in der Natur. Wer einmal hier war, kommt sehr wahrscheinlich wieder. So wie Maria Rieger, nächstes Jahr.

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