NACHGEFRAGT

Ein geschenkter Kaffee für Fremde

von Redaktion

… bei Heike Guist, der Initiatorin. © G. Bernlochner

Etwas von dem eigenen Glück abgeben und anderen damit einen Moment der Freude schenken – das ist für Heike Guist eine Herzensangelegenheit. Die 53-jährige Gymnasiallehrerin aus Erding startete die Aktion „Für Dich“. Sie will damit Solidarität und Empathie im Alltag fördern. Kunden können in Bäckereien, Cafés, Bars, Restaurants, Dönerläden oder am Kiosk Gutscheine für einen zweiten Kaffee, Tee oder Döner bezahlen, der von einem anderen Menschen später eingelöst werden kann. Im Interview berichtet Heike Guist, wie die Idee entstanden ist.

Wie sind Sie auf die Idee für die Aktion gekommen?

Während der Pandemie habe ich eine Ausbildung im Bereich Persönlichkeitsentwicklung absolviert und dort von einer ähnlichen Idee in München erfahren. Ich fand es sehr zukunftsgerichtet, konkret und niedrigschwellig etwas für andere zu tun. So etwas gab es in Erding noch nicht.

Welche Rückmeldungen haben Sie bisher bekommen?

Nur positive. Auch Menschen, die mich nicht so gut kennen, teilen die Aktion in den Sozialen Medien. Mir hat das gezeigt, dass viele Menschen ein Bedürfnis danach haben, miteinander verbunden zu sein. Um „Für Dich“ bekannter zu machen, habe ich Menschen in der Erdinger Innenstadt angesprochen, von denen ich dachte, dass sie sich keinen Kaffee oder Tee leisten können oder wollen. Einmal saß ich mit einem älteren Mann auf einer Bank und wir kamen ins Gespräch. Ich merkte, dass er nicht gerne über seine soziale Situation sprach, also unterhielten wir uns über unsere beruflichen Werdegänge. Ein Gespräch von Mensch zu Mensch, das war schön und ist mir im Kopf geblieben. Ich versuche, allen immer urteilsfrei gegenüberzutreten und auf Augenhöhe zu begegnen – das baut Berührungsängste ab. Nur so kann eine offene Gesellschaft funktionieren.

Haben Sie schon Ideen, wie sich die Aktion in Zukunft weiterentwickeln kann?

Wir überlegen, ob man das Konzept auch in die städtischen Strukturen weitertragen könnte. Vielleicht mit einem spendierten Büchereiausweis, einer Kinokarte oder einer Saisonkarte fürs Freibad. Das müssen wir noch mit der Stadtverwaltung besprechen. Denn jeder kann im Kleinen ein bisschen tun. Bedürftigkeit und Armut sollten nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, im Gegenteil: Man sollte Berührungsängste abbauen.

Warum ist Ihnen das Thema Solidarität so wichtig?

Jeder Mensch will gesehen und gehört werden. Ich empfehle, Menschen urteilsfrei gegenüberzutreten und mit jedem zu sprechen, mal rauszukommen aus der eigenen Blase. Solidarität und soziale Teilhabe sind mir aufgrund meiner Biografie einfach wichtig. Jeder ist ein wertvoller Mensch, egal, woher er oder sie kommt.

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