Vor dem Verkehrskollaps

von Redaktion

Inntal-Autobahn: Bayern hofft weiter auf Slot-System

Fast Alltag: Lkw-Stau auf der Inntalautobahn an der Grenze Bayern/Tirol. Es ist mal wieder Blockabfertigung. © imago

München – Trotz aller Hindernisse hält der Freistaat am Ziel fest, den Güterverkehr über den Brenner mittels eines Slot-Systems zu steuern. Das sei die einzige Möglichkeit, den absehbaren Verkehrskollaps auf der Inntal- und der Brenner-Autobahn wenigstens abzumildern, erklärten Vertreter aus dem bayerischen Verkehrsministerium gestern im Bayerischen Landtag.

Das Slot-System hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor über einem Jahr ins Spiel gebracht, um den Tiroler Blockabfertigungen an der Grenze bei Kiefersfelden/Kufstein etwas entgegenzusetzen. Die Idee: Lkw-Fahrer sollen Slots, also Zeitfenster, buchen, während der sie die Inntal- und Brennerstrecke bewältigen. So könne der Verkehr über die Tag- und Nachtphasen besser verteilt werden und vielleicht sogar das Nachtfahrverbot für Brummis auf dem Tiroler Autobahnabschnitt fallen. Mittlerweile liege eine detaillierte Ausarbeitung vor, die von allen drei Regionen Bayern, Tirol und Südtirol unterstützt werde, hieß es in einem Bericht im Verkehrsausschuss des Landtags, den die Freien Wähler beantragt hatten. Lkw-Fahrer sollen eine Vier-Stunden-Zeitspanne benennen, während der sie in den gebuchten Korridor einfahren. Wenn sie aus eigenem Verschulden den Termin versäumen, ist eine Strafgebühr fällig. Doch um das umzusetzen, sei eine völkerrechtliche Vereinbarung der Länder Deutschland, Österreich und Italien notwendig. Und da hake es momentan. „Unser Vorschlag liegt in Berlin und ist unbeantwortet“, sagte der Beamte aus dem Ministerium von Christian Bernreiter (CSU). Hinter den Kulissen wird vermutet, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) grundsätzliche Bedenken hat: Ein Slot-System vertrage sich nicht mit dem Prinzip des freien Warenverkehrs.

Ohnehin käme das Slot-System, das nach Abschluss eines Vertrags innerhalb von ein bis zwei Jahren umgesetzt werden könnte, wohl zu spät, um den drohenden Verkehrskollaps auf der Brenner-Route abzuwenden. Zum 1. Januar 2025 wird wie berichtet die Luegbrücke kurz vor dem Brenner auf eine Spur je Richtung verengt und neu gebaut. Parallel dazu würden wohl auch die von der Tiroler Landesregierung beantragten Abfahrverbote von der Inntalautobahn umgesetzt, glaubt man im bayerischen Verkehrsministerium.

Etwas Entlastung könnte es geben, wenn (wie im Juli erprobt) die Luegbrücke auf einer Seite zeitweise doch für zwei Spuren freigegeben wird. Lkw fahren dabei auf der Innenseite der Brücke, also auf der Überholspur links, Pkw links. Das könne an verkehrsreichen Tagen für Entlastung sorgen. Genaueres will die Asfinag, wie sie gegenüber unserer Zeitung erklärte, noch im September bekannt geben. Allerdings seien alle Brückenbauer nach Einsturz der Dresdner Carolabrücke nervös – was vielleicht gegen solche Versuche spricht.

Während der Brenner ein Nadelöhr werden dürfte, gibt es für die Tauernautobahn gute Nachrichten. Alle fünf Tunnel seien bis Mitte 2025 saniert, so dass es hier eine Ausweichstrecke gebe, erklärte der Ministeriums-Vertreter. Dies sei auch wichtig, weil sich auch auf der Schiene Ungemach abzeichnet. Die Bahn wird die Strecke München–Salzburg als Korridor sanieren und über Monate komplett sperren. Anders als zuletzt bekannt wird dabei das Stück Rosenheim–Salzburg vom zweiten auf das erste Halbjahr 2027 vorgezogen. Dafür verschiebt sich die Sanierung des Abschnitts München–Rosenheim nach hinten: vom ersten Halbjahr 2027 auf 2028.
DIRK WALTER

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