„Fast Lane“ für alle Berufe

von Redaktion

Ausländische Kräfte: Bayern erweitert Konzept aus der Pflege

München – Abdulkarim Y. ist ein Vorzeige-Fall. Der 41-jährige Familienvater ist 2015 aus Eritrea nach Deutschland geflohen – aus politischen Gründen, wie er angibt. Heute steuert er einen Linienbus durch den Münchner Stadtverkehr. Schon beim Militärdienst sei er von großen Fahrzeugen fasziniert gewesen. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen – ich fahre gerne“, sagt Abdulkarim Y. Und bei den Münchner Verkehrsgesellschaften (MVG) sind sie froh über ihren zugewanderten Mitarbeiter.

Dass es nicht immer so läuft, zeigen die Zahlen. „Wir haben allein in Bayern aktuell rund 40 000 arbeitslose erwerbsfähige Ukrainer und Flüchtlinge aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern, die Bürgergeld beziehen“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Er spricht sich am Mittwoch erneut dafür aus, neu ankommenden Ukrainern kein Bürgergeld mehr zu bezahlen, sondern sie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu unterstützen. „Die Motivation, eine Arbeit aufzunehmen und eigenständig für den Lebensunterhalt zu sorgen, würde deutlich steigen“, glaubt Herrmann. Zur Ankündigung der CSU, Flüchtlinge nach drei Monaten im Land verpflichtend in Arbeit bringen zu wollen – auf dem Arbeitsmarkt, oder über eine gemeinnützige Tätigkeit – nennt der Minister allerdings keine Neuigkeiten.

Stattdessen Positives: In Bayern sei die Entwicklung nämlich insgesamt gar nicht so schlecht. „Die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus den acht wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern ist in den letzten zehn Jahren von rund 12 940 auf 81 850 Personen angestiegen.“ Das sei eine Zunahme von 533 Prozent. Auch die Zahl der Ukrainer in Beschäftigung sei seit Beginn des russischen Angriffskrieges um rund 25 800 auf 37 500 gestiegen. Herrmann schlussfolgert: „Die Menschen mit Fluchthintergrund kommen bei uns langfristig im bayerischen Arbeitsmarkt an“ – jedenfalls bei einem Teil stimmt das. „Die Beschäftigung von Geflüchteten in Bayern nimmt zu und lohnt sich für Unternehmen“, bestätigt auch Markus Schmitz, Bayern-Chef der Bundesagentur für Arbeit.

Der Bedarf ist allerdings größer – und zwar auch kurzfristig. Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) kündigt deshalb eine „Fast Lane“ für möglichst alle Berufsabschlüsse an, um ausländische Fachkräfte grundsätzlich schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Noch im Herbst soll der Plan im Kabinett vorgestellt werden. Für Pflegekräfte gibt es das Konzept bereits. Statt bei den verschiedenen Bezirksregierungen seien die Anerkennungsverfahren für deren Abschlüsse 2023 beim Landesamt für Pflege zentralisiert und digitalisiert worden. Die Bearbeitungszeit sei dadurch auf nur noch durchschnittlich fünf Wochen gesunken, sofern alle Unterlagen vollständig vorlagen.

Im bundesweiten Vergleich könne sich Bayern bei der Integration ausländischer Kräfte in den Arbeitsmarkt sehen lassen, sagt Herrmann. Der Freistaat habe mit fast 75 Prozent die höchste Erwerbstätigenquote von Menschen mit Migrationshintergrund und mit neun Prozent die niedrigste Ausländer-Arbeitslosenquote – auch speziell bei Frauen (knapp elf Prozent). Tatsächlich weichen andere Länder deutlich ab. So hat Bremen eine Ausländer-Arbeitslosenquote von 24 Prozent, auch Sachsen steht mit rund 23 Prozent nicht gut da. Bei der Arbeitslosenquote ausländischer Frauen knacken beide Länder und auch Sachsen-Anhalt sogar die 29-Prozent-Marke. Er frage sich angesichts dieser Werte, warum gerade in manchen Ländern „besonders gescheit dahergeredet“ werde, wie Integration gehe, sagt Herrmann.
SEBASTIAN HORSCH

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