Die Legenden starten ein letztes Mal

von Redaktion

Abschiedsausgabe der Oldtimer-Rennen am Roßfeld – mit „Strietzel“ Stuck

Hans Stuck im BMW 700 RS 1961 am Roßfeld. © Archiv G. Wagner

Mit einem BMW 3.0 CSL geht Leopold Prinz von Bayern ins Roßfeld-Rennen. Heuer findet der Internationale Edelweiß-Bergpreis zum letzten Mal statt. © Thomas Wohlhaupter

München – Wie es sich da oben am Roßfeld anfühlt, weiß Hans-Joachim Stuck schon seit mehr als 60 Jahren. Denn es kam in seiner Kindheit nicht selten vor, dass der junge „Strietzel“ oben auf seinen Vater wartete. Heute, mit 73 Jahren, muss er lachen, wenn er die Anekdote erzählt, die sich in seinem neunten Lebensjahr ereignet hat. Fahrer um Fahrer kamen am Ziel der Panoramastraße über Berchtesgaden an, aber die Zeit des alten „Bergkönigs“ Hans Stuck konnten sie nicht unterbieten. Auf der im Baum aufgehängten Tafel blieb daher stehen, was den kleinen Strietzel freilich erfreute: Papa war und blieb der Schnellste.

„Ja, ich habe das Benzin schon früh im Blut gehabt“, sagt der ehemalige Formel-1-Fahrer. Und wenn man ihm zuhört, merkt man, dass die Leidenschaft für das Rennfahren bis heute ungebrochen ist. Stuck liebt es, in wahlweise schnellen oder historisch wertvollen Autos zu sitzen. Und ganz genau deshalb ist die Vorfreude auf das kommende Wochenende beim zweimaligen Le-Mans-Sieger so groß. Wenn am Roßfeld der internationale Edelweiß-Bergpreis mit 150 historischen Automobilen und mehr als 20 Motorrädern ausgetragen wird, ist Stuck natürlich am Start. Sein Ziel: „Einfach Spaß haben.“ Mit dem kleinen Zusatz: ein letztes Mal.

Nein, nicht Stuck – „ein Tag ohne Auto ist kein Tag“ – mag nicht mehr, die Organisatoren haben gesprochen. Und so müssen sich die Fans an der Strecke genau wie die Fahrer der historischen Wagen darauf einstellen, dass das legendäre Roßfeld-Rennen heuer seinen großen Showdown erlebt. Wenn Veranstalter Joachim Althammer sagt, „das ist zu 100 Prozent das letzte Mal“, hört das niemand gerne. Immerhin sein Zusatz aber verspricht ein erfolgreiches Wochenende: „Ich hätte schon vor zwei Jahren das Handtuch werfen können. Aber ich wollte es unbedingt noch einmal erleben. Das Rennen soll ein echter Kracher werden.“

Für mindestens zwei Highlights werden Stuck und sein guter Freund Leopold Prinz von Bayern sorgen. Die beiden kennen sich, seitdem sie Teenager sind – „ja weißt du noch, Strietzel, als wir am Nürburgring im Hotel allen den Strom abgedreht haben?“ Gelächter, gute Laune und jede Menge Auto-Geschichten. Das Format, in alten Wägen Motorsportfreunde zu begeistern oder gar zu generieren, gefällt dem Duo. Stuck geht daher am Roßfeld gleich zwei Mal an den Start: mit dem originalgetreuen Nachbau des Auto Union Typ C seines Vaters und mit seinem DTM-Siegerwagen. Eine Reise zurück in die Vergangenheit – obwohl das Auto vom Papa noch nie am Roßfeld gefahren ist. 16 Zylinder, 550 Kilo. Stuck sagt: „Was die früher geleistet haben… das waren die wahren Helden.“

Früher, als die Europameisterschafts-Bergläufe zwischen 1958 und 1977 15 Mal in den Berchtesgadener Alpen ausgetragen wurden. Oder gar noch davor, als auf der Schotterstraße zwischen Berchtesgaden und Obersalzberg in den Dreißigerjahren Vollgas gegeben wurde. Allein am Roßfeld gab es mehrere schwere Unfälle, zwei davon endeten tödlich. Stuck fährt daher am Wochenende mit „nicht mehr als 60 Prozent“ da hoch. Er lacht: „Ich habe 53 Jahre überlebt – da riskiere ich jetzt nichts.“ „Poldi“ von Bayern sieht es genauso. Und sein Auto, der BMW 3.0 CSL, fährt sogar klimafreundlich. Zwischen 1966 und 1969 steuerte der 81-Jährige zweimal einen Mini Cooper nach oben, diesmal wird er von E-Fuel angetrieben. Die Leistung? „Genau dieselbe, kein Unterschied.“ Rüstet sich da der Motorsport für die Zukunft?

Apropos Zukunft: Das Rossfeld-Rennen ist bald Geschichte. Aber längst gibt es neue Ideen. Am Salzburgring soll im kommenden Jahr der „Legends Grand Prix“ an den Start gehen, mit Demo-Fahrten von 250 Motorsport-Legenden, historischem Jahrmarkt und Konzeptfahrzeugen für die Mobilität der Zukunft. Nicht nur Stuck ist hellhörig geworden, als Veranstalter Althammer die Pläne beschreibt. Aber jetzt erst mal Roßfeld! Ein letztes Mal soll die legendäre Tafel oben beschrieben werden.
HANNA RAIF

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