Marlene, der Ganovenschreck

von Redaktion

Eine Seniorin aus Unterfranken hat schon fünf Enkeltrickbetrüger überführt

Ruft wieder einer an? Marlene Bayer am Handy.

Rimpar – Als neulich wieder mal ein Enkeltrickbetrüger die Nummer von Marlene Bayer (84) aus Rimpar wählte, fuhr sie ihm gleich in die Parade: „Ich weiß, was du vorhast. Wenn ich heute etwas fitter wäre, dann wärest du heute Abend schon in U-Haft.“ Fünfmal zuvor aber spielte sie das Spiel der falschen Polizisten mit – und brachte so bereits einige Ganoven hinter Schloss und Riegel!

Am Freitag zeichnete der Polizeiverband IPA die pfiffige Hobby-Ermittlerin mit ihrem Bürgerpreis aus, überreichte ihr einen Scheck über 1000 Euro und führte sie durch die Einsatzzentrale der Polizei Unterfranken. Die kannte sie bisher nur durchs Handy, wenn sie wieder die Hilfe der echten Polizisten brauchte. „Wenn mir einer sagt, ‚Ihre Tochter hat ein Kind überfahren, sie muss ins Gefängnis, wenn Sie nicht sofort 10 000 Euro zahlen‘, dann kribbelt es bei mir, dann denke ich mir, heute fange ich wieder einen.“

Beim ersten Mal wählte sie noch – unbemerkt von den Betrügern auf dem Festnetz-Telefon – per Handy die 112. Bayer: „Da war ich bei der Feuerwehr, die haben nur gesagt, Sie sind falsch, Sie müssen die Kriminalpolizei anrufen. Ich sagte, das kann ich jetzt nicht machen, denn ich habe die falsche Polizei schon am Telefon. Bitte machen Sie das für mich – aber bitte nicht zurückrufen, sonst merken die das.“

Ihr Plan ging auf: Die Kripo-Beamten schlichen sich ins Schlafzimmer, Marlene Bayer ließ sich über Stunden am Telefon ausfragen und hinhalten, klimperte sogar mit dem Besteck, als sie aufgefordert wurde, ihren Schmuck zu wiegen. Als es endlich an der Türe klingelte, stürmten die echten Polizisten aus ihrem Versteck und nahmen die Geld-Abholerin fest. Es war eine Prostituierte aus Frankfurt. Marlene Bayer sagte in ihrem Prozess aus – und noch in vielen weiteren.

Warum es ausgerechnet die alte Dame aus Rimpar so oft traf, ist einfach: Sie trägt einen heute nicht mehr so modernen Vornamen, hat eine kurze Telefonnummer und steht noch im Telefonbuch. Manchmal simulieren die Enkeltrickbetrüger dann mit einer von der KI erstellten Stimme einer Verwandten täuschend echt einen Notfall. Doch auch Marlene Bayer kann gut simulieren: „Weinen gehört zum Repertoire.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat sie bereits mit der Medaille für Verdienste um die innere Sicherheit geehrt, nun folgte die International Police Association (IPA). Deren Präsident Oliver Hoffmann sagte: „Sie trug in allen Fällen durch ihr außerordentlich geschicktes Verhalten zur Festnahme der Geldabholer bei, die teilweise zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.“

Neben ihrem Gerechtigkeitssinn half Marlene Bayer übrigens auch ihre Coolness beim Verbrecher-Fang: Als die 84-Jährige einmal das Handy für den Notruf nicht parat hatte, schrieb sie alles auf einen Zettel, den sie einer Nachbarin aus einem Fenster zuwarf.

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