München – An bayerischen Universitäten und Hochschulen soll Judenhass unter Studenten härter geahndet werden. Obwohl es eine steigende Zahl antisemitischer Vorfälle an den Unis gebe, sei bisher kein Studierender exmatrikuliert worden, sagte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Durch eine Änderung des bayerischen Hochschulgesetzes soll es Unis künftig erleichtert werden, „bis hin zur Ultima Ratio der Exmatrikulation“ durchzugreifen. Ein Vorschlag zur Gesetzesänderung soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden.
Rechtlich ist es schwierig, weil viele latent judenfeindliche Äußerungen „unter der Strafbarkeitsschwelle“ durch die Meinungsfreiheit geschützt sind. Die Latte liege sehr hoch, räumte Blume ein. Daher müsse ein „Instrumentenkasten“ entwickelt werden, der ein abgestuftes Vorgehen gegen Antisemiten ermögliche, beispielsweise auch den Ausschluss von einzelnen Veranstaltungen.
Blume traf am Montag zusammen mit dem bayerischen Antisemitismusbeauftragten, Ludwig Spaenle, die 33 Beauftragten, die sich an den bayerischen Hochschulen und Universitäten um antisemitische Vorfälle kümmern. Dass Antisemitismus generell zunimmt, zeigen auch neue Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern: Sie dokumentierte im Freistaat in den ersten sechs Monaten nach dem Oktober-Massaker der Hamas 527 antisemitische Vorfälle mit Bezug zu Israel. In dem Halbjahr zuvor waren es 43 – ein Zuwachs um 1125 Prozent. „Viel zu lange wurde und wird der israelbezogene Antisemitismus als vermeintliche ,Israelkritik‘ verharmlost“, sagte Rias-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpac.
Bei den Vorfällen handelte es sich um fünf Angriffe, zwölf Sachbeschädigungen, 19 Bedrohungen, elf Massenzuschriften und 480 Fälle verletzenden Verhaltens, darunter 127 Versammlungen.
Wie viele Vorfälle davon an den Unis registriert wurden, dokumentiert der Bericht nicht. Für Spaenle gibt es jedoch keinen Zweifel, dass ein „wokes studentisches Milieu“ die Unis „zum Hotspot von Antisemitismus“ gemacht habe. Ein Beispiel sei das Palästina-Camp vor der Münchner Uni, für Blume „ein Ort der Schande“, aber auch nach seiner Einschätzung rechtlich unangreifbar. Anders als etwa an US-amerikanischen Unis sind bisher weder antisemitische Dozenten noch ernsthafte Bestrebungen nach einem Kooperations-Ende mit israelischen Unis bekannt geworden, sagte Blume. Doch durch Begegnungen mit jüdischen Studierenden wisse man, wie „bedrückt“ diese seien. Die Ausgrenzung geschehe schleichend, es gebe „böse Blicke“ in der U-Bahn, es würden aber auch Freundschaften gekündigt und eine soziale Isolation betrieben.
DIRK WALTER