Scharfe Worte: Landrat Peter von der Grün ist sauer auf die Bezirksregierung und hat einen Wutbrief verfasst.
Die geplante Unterkunft: Direkt daneben befindet sich eine Mädchenrealschule. © vifogra (2)
Schrobenhausen – Peter von der Grün sagt von sich selbst, dass er ein besonnener Mensch sei. Keiner, der Konfrontationen sucht, wenn auch Gespräche möglich sind. Einen so scharf formulierten Brief wie vergangene Woche hat der parteilose Landrat von Neuburg-Schrobenhausen bisher selten geschrieben. Aber diesmal war er wütend.
Die Regierung von Oberbayern will in Schrobenhausen ein Gebäude anmieten, um dort 80 anerkannte Flüchtlinge unterzubringen. Es hatte weder Gespräche mit dem Landratsamt noch mit der Stadt gegeben. Das Gebäude befindet sich in der Innenstadt, direkt neben der Mädchen-Realschule, viele Eltern und die Schule sind deswegen besorgt. Und der Landrat kann es verstehen. Nicht verstehen kann er, warum die Regierung die Entscheidung hinter dem Rücken der Behörden vor Ort getroffen hat. „Bisher hatten wir immer eine gute und kooperative Zusammenarbeit“, sagt er. Der Landkreis tue sein Bestes, um bei der Flüchtlingsunterbringung mitzuhelfen. Rund 2500 Geflüchtete sind dort in den vergangenen Jahren untergebracht worden, betont von der Grün. Neuburg-Schrobenhausen ist einer der wenigen Landkreise, der seine Quote nicht nur erfüllt, sondern sogar noch etwas mehr Menschen aufgenommen hat. Aber nun fehlen Räume, Geld, Personal – und Integrationshilfen vom Bund, betont der Landrat. Es gebe viel zu wenig Sprach- und Alphabetisierungskurse.
Hinzu kommt, dass besonders die Stadt Schrobenhausen von der Flutkatastrophe Anfang Juni schwer getroffen wurde. Ein Mensch kam dort ums Leben, 500 Gebäude standen unter Wasser. „Noch immer können viele Bürger nicht in ihre Häuser zurück und leben bei Verwandten oder Freunden.“ Und viele würden noch auf das Geld für nötige Sanierungsmaßnahmen warten. Die Entscheidung, jetzt Wohnraum für 80 Geflüchtete bereitzustellen, bezeichnet von der Grün als „schwieriges Signal zu einem sehr schlechten Zeitpunkt“. Er fürchtet um den sozialen Frieden in seinem Landkreis. Auch der Schrobenhausener Bürgermeister Harald Reisner (FW) hat Angst, was das für die Stimmung in seiner Stadt bedeuten wird.
Deshalb hat Peter von der Grün bewusst scharfe Worte gewählt, als er Mitte vergangener Woche den Brief an die Regierung verfasst hat. Er fordert umgehend eine Stellungnahme. „Ich möchte wissen, ob wir vergessen wurden oder ob absichtlich nicht mit uns geredet wurde.“ Außerdem kündigt er in seinem Schreiben an, keine weiteren Flüchtlinge mehr aufzunehmen und jegliche Unterstützung für die geplante Unterkunft in Schrobenhausen zu verweigern. „Ich weiß, dass wir uns von der Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung nicht so einfach abmelden können“, sagt er ein paar Tage später am Telefon. „Aber es geht mir darum, dass man so nicht mit uns Kommunen umgehen kann. Es müssen Gespräche auf Augenhöhe stattfinden.“ Die Tür dafür lässt von der Grün bewusst offen. Er hat Regierungspräsident Konrad Schober dringend um ein zeitnahes Gespräch gebeten. Bisher hat er aber keine Antwort bekommen.
Man habe das Schreiben zur Kenntnis genommen, heißt von der Regierung auf Nachfrage unserer Zeitung. In dem Gebäude in Schrobenhausen sollen keine Asylsuchenden, sondern Menschen aus humanitären Aufnahmeprogrammen untergebracht werden, betont ein Sprecher. Etwa Ortskräfte aus Afghanistan oder Aussiedler jüdischen Glaubens oder mit deutschen Wurzeln aus Staaten der ehemaligen UdSSR. Diese Aufgabe obliege ausschließlich den Bezirksregierungen, deshalb gebe es auch „kein Vetorecht von dritter Seite“. Ein Informationsaustausch mit einer Kommune sei aber natürlich immer möglich, betont der Sprecher. Ob es in Schrobenhausen noch dazu kommen wird, lässt er offen. Der Mietvertrag für das Gebäude ist noch nicht unterschrieben.
KATRIN WOITSCH